Mittwoch , 24 April 2024
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Alter schützt vor Arbeit nicht

arbeit_im_alter„Gesucht: Eierlegende Wollmilchsau, maximal 25 Jahre alt, bevorzugt mit 40 Jahren Berufserfahrung, ohne Kinder und möglichst Nichtraucher“. Tolles Stellenangebot, nicht wahr? Sicherlich leicht überspitzt, aber so ähnlich – natürlich mit einer etwas gespreizteren Wortwahl – kann man immer wieder Stellenanzeigen lesen, die bar jeder Logik sind. Jung sollte man heute sein, total erfahren, mit spezifischen beruflichen Kenntnissen ausgestattet, am besten zeitlich und geistig flexibel wie ein Gummiband und überhaupt gänzlich frei jeglicher Wenn und Aber. Schon klar, dass genau solch ein Humankapital an jeder Ecke steht und nur darauf wartet, den heiß begehrten, wenn auch unter Mindestlohn bezahlten, Job zu ergattern. 

Aber, was machen all diejenigen, die nun mal keine 20 oder 30 mehr sind, jedoch jeden jungen Hüpfer mit ihren Kenntnissen und Fähigkeiten in den Schatten stellen können? Und noch wichtiger in der Fragestellung ist: Wissen eigentlich die Arbeitgeber welches Potenzial sie da unbeachtet lassen?

Ich freue mich, dass Sie mir bei diesem, im wahrsten Sinne des Wortes, aufregenden Thema Gesellschaft leisten. Wie alt sind Sie, wenn ich mal so frei heraus fragen darf? Und stehen Sie in Arbeit, wie es so schön heißt, oder gehören Sie zu all denjenigen, die sich auf die obere Offerte nicht bewerben können, weil das Alter da einen klitzekleinen Strich durch die Rechnung macht? Das Sie Milch geben und Eier legen können, zweifle ich nun mal wirklich nicht an und auch das mit dem Nichtrauchen lässt sich ja noch irgendwie deichseln, gibt ja die tollen Nikotinpflaster, mit denen man locker 8 Stunden ohne Zigarette auskommt. Aber, und nun sind wir beim Thema: Das Alter lässt sich nun mal nicht gänzlich kaschieren. Mag man auch noch so viel Botox im Gesicht, oder auch die zehnte Schönheitsoperation hinter sich gebracht haben – im Pass ist und bleibt der sichtbare Beweis, dass man keine Teenager mehr ist. Und genau hier setzt ein Problem der Businesswelt ein, die so manch einem den Strick des Lebens gleich um den Hals legt.

Ich selbst habe die Hälfte, der für Frauen geltenden statistischen Lebenserwartungszahl, erreicht, na gut, fast, aber so gesehen gehöre ich ebenfalls schon zum Alteisen. Ist zwar nicht das Schlechteste, denn dafür bekommt man bei der Entsorgung ja noch Geld, aber so aus beruflicher Sicht bauen sich doch gewisse Hürden auf. Wurden Ihnen ebenfalls schon Felsbrocken vor die Füße geworfen, obwohl sie angesichts der Stellenanforderungen optimal dafür geeignet gewesen wären? Wenn man da nicht mit einem ironischen Lachen darüber hinweggehen kann, dann wird es echt happig mit der Psyche und so. Wer will schon nur wegen einer Zahl nicht angenommen werden, besonders auch mit dem Hintergrund, dass man durch eine Arbeitsstelle, die einem auch noch Spaß machen würde, dem Arbeitsamt oder der ARGE eine lange Nase machen kann!?

Doch wie macht man nun einem potenziellen Arbeitgeber klar, welche Vorzüge gerade wegen einem reiferen Lebensalter man zu bieten hat, denen die jungen Arbeitnehmer kaum das Wasser reichen können? Zunächst einmal: Selbstbewusst ran an den Firmenspeck! Was hat man denn schon zu verlieren, wenn man sich geschickt auf eine Stelle bewirbt oder, was sehr oft noch besser ist, sich mittels der Guerilla-Job-Strategien via Initiativbewerbung, an einen möglichen neuen Arbeitgeber heranpirscht? Nichts, denn mehr wie eine Absage kann ja nicht kommen und ist allemal noch besser als sich erst gar nicht zu bewerben, weil „ich bin denen bestimmt eh zu alt“. Schlecht, ganz schlecht, solch eine Einstellung, denn wie heißt es so schön „Denke niemals die Gedanken von anderen“, da kann man nämlich ganz gewaltig daneben liegen. Sag ich selbst meinen Kindern auch immer, man kann ja nie früh genug üben NICHT für andere zu denken. Da bleibt einem dann genügend Hirnkapazität für die eigene Sache übrig, was meines Erachtens weitaus sinnvoller ist. Und effektiver.

Bei Bewerbungen lohnt es sich auf jeden Fall scheinbar Negatives erst einmal überhaupt nicht zu erwähnen. Unter dem Motto „Also entschuldigen Sie, dass ich mich mit meinen 40 oder 55 Jahren bei Ihnen bewerbe, aber…“ klappt das sicher nicht. Sie würden ja auch nicht ein Stück Fleisch kaufen wollen „das echt gut ist, aber halt schon fünf Jahre lang in der Kühlkammer gammelt“, oder? Na sehen Sie. Viel besser ist es mal die tollen Vorteile eines reiferen Alters hervorzuheben: Disconächte, und somit einen Tag den Kater ausschlafen, kommen nur selten oder gar nicht mehr vor; Kinder, sind entweder schon da und älter oder man hat für sich entschieden keine zu bekommen; in stressigen Situationen hat man trotzallem die Übersicht und geht gelassen an die Lösung eines Problems und sucht weniger nach Schwierigkeiten, denn eben mehr nach praktikablen Lösungsansätzen; man muss keine drei Jahre mehr etwas lernen, denn das Leben ist, neben den bereits vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten, die alltägliche Schule des beruflichen Lernens. Auch bei der Empathie, Menschenkenntnis, Branchenkenntnisse und vielen beruflich wertvollen Kontakten, lässt sich ein junger „Konkurrent“ mal rasch dezent beiseite schieben, wenn es um eine Stelle geht. Küken haben das alles nicht, da macht sich doch so ne erfahrene Henne oder Hahn viel besser in einem Betrieb. Was fällt Ihnen selbst noch ein, warum Menschen (oder vielleicht auch SIE) mit etwas mehr Lebensjahren so viel wertvoller für ein Unternehmen machen, als es die Teens und Twens sein können? Und vor allem interessiert mich, welche Erfahrungen Sie bereits als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber machen konnten, die sich eben um das Thema Alter und Arbeit drehen!

Das Alter mag zwar seine Schattenseiten haben (knitschende Gelenke oder auch mal das Knacksen im Rücken), aber mit 40 oder 50 Jahren schon auf die berufliche Friedhofsbank zu sitzen ist, angesichts der schon heute prognostizierten Lebenserwartung von 100 Jahren und mehr, nun wirklich viel zu früh. Wer eine Stelle auch im reiferen Alter sucht, sollte sich auf jeden Fall andere Strategien ausdenken und langweilige Bewerbungen mal gänzlich missachten. Ach ja, und wenn Sie trotzdem keiner haben will, dann überlegen Sie sich doch einmal den Weg der Selbständigkeit, denn die funktioniert auch noch mit 70+ sehr gut, mit dem passenden Angebot. Zum Beispiel einem Gebiss-Service „Ich hole Ihr Gebiss für die Inspektion! Runderneuert und gebleacht, da klappt das auch mit dem nächsten Senioren-Event „Schwing den Krückstock“ viel besser! Anmeldung und Auftragsannahme…“ Ich glaube, die Idee behalte ich doch lieber selber, denn sollte ich die Zeit bis dahin überleben, kann ich diese Dienstleistung in rund 20-30 Jahren selber anbieten.

In diesem Sinne

Ihre Claudia

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