Freitag , 19 April 2024
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Ein Einblick in die arabische Welt

oman basarNicht einfach ist es, sich über fremde Kulturkreise eine Meinung zu bilden, ohne mit diesen näher vertraut zu sein. Auch wenn Oman nicht gerade zu den Ländern zählt, die für Schlagzeilen sorgen, so führt ein Besuch dieses Sultanats zu einem wesentlich besseren Verständnis für die „arabische Seele“. Dieses Land, mit nicht mehr als 2,5 Millionen Einwohnern, ist eine Mischung aus 21. Jahrhundert und den durchaus lebendigen Resten von „Tausend und eine Nacht“.

Herta Klabunde ist Reiseagentin. Vergangenen Dezember stand ein Besuch des Sultanats Oman, im Südosten der Arabischen Halbinsel, auf dem Programm. Von ihr persönlich betreut, genoss eine kleine Gruppe erlebnishungriger Deutscher eine Unmenge neuer Eindrücke und Erfahrungen. Das Wesentlichste, was insbesondere zu Zeiten des „Arabischen Frühlings“ auf Interesse stoßen sollte, fasste sie in einem Bericht zusammen, den sie uns kürzlich übermittelte.

Was sie dabei als Erstes erwähnt, sind die ins Auge stechenden Verbesserungen der Infrastruktur seit ihrem letzten Besuch vor 12 Jahren. Führte die Reise damals noch vorwiegend über Sandpisten, gibt es plötzlich asphaltierte Straßen bis ins entlegenste Dorf. Und wer baute diese? Natürlich nicht die Omanis selbst, sondern ausländische Arbeiter, vorwiegend aus Asien. Auch im CIA-World-Factbook lässt sich nachlesen, dass in Oman von den 968.800 Arbeitskräften, die zur Verfügung stehen, 60% Ausländer sind. Rechnen wir hoch, so sind es kaum mehr als 11% der Gesamtbevölkerung, die es notwendig haben, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. (In Deutschland sind es 53%.) Wen wundert es noch, dass sich die Proteste gegen die Absolute Monarchie unter Sultan Qabus ibn Said in Grenzen halten?

Herta Klabunde drückt es mit folgenden Worten aus: „Durch das Öl, wie überall in diesen Golf- und Golfnachbarstaaten, sind die bis vor ca. 40 Jahren bestehenden alten Strukturen verschwunden, und aus dem damaligen Land mit hauptsächlich Bauern und Fischern wurde ein reicher Staat mit Geschäftsleuten, die es nicht mehr nötig haben, selber zu arbeiten oder gar einfachen Beschäftigungen nachzugehen. Sei es in den kleineren Geschäften, in Kaufläden, Tankstellen, Imbissbuden, in Restaurants, im Hafen und natürlich beim Straßenbau: Man sieht nur arbeitende Menschen aus Indien, Pakistan, Bangladesh und Sri Lanka. Omanische Männer „lustwandeln“ durch die Straßen, gehen mit ihren Frauen spazieren – man könnte auch sagen: ‚führen ihre Frauen spazieren’ – die in lange schwarzen Gewänder und Tücher gehüllt, meist mit ebenfalls schwarzem Kopftuch oder Burka, genauso „lustwandeln“ oder vielleicht einkaufen.“

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Klingt diese Beschreibung nach Klischee? Nun, das war jedenfalls das Bild, das sich zumindest in den Städten zeigte. Im „tiefsten Hinterland“ gibt es noch immer die alten bäuerlichen und einfachen Strukturen. Auch diesbezüglich lässt sich im CIA-World-Factbook nachlesen, dass nur 1,6% der Wirtschaftsleistung der Landwirtschaft entstammt.

oman frauDer Eindruck mag durchaus einer gewissen Subjektivität unterliegen, doch scheint es, als hätte sich die Situation der Frauen, was die strengen islamischen Bekleidungs-Vorschriften betrifft, während der vergangenen 12 Jahre verändert, und zwar n Richtung Tradition; in Richtung „Rückschritt“. Nicht nur im ländlichen Bereich, wo es auch nicht anders erwartet wurde, sondern auch in der Hauptstadt Muscat ebenso wie in Nizwah und Salalah. Das Fotografieren von Menschen ist nicht immer willkommen. Frauen abzulichten ist grundsätzlich verboten. Und die Unschärfe des Fotos liegt, na ja, zumindest zu einem großen Teil, an den Tricks, die man anwenden muss, um überhaupt zu einem Bild zu kommen.

Anders ist es bei „Gastarbeiterinnen“. Das folgende Bild zeigt Lehrerinnen aus Sri Lanka, die sich zu einem Picknick niederließen. Bislang verfügt der Oman nicht über genügend ausgebildete eigene Lehrkräfte. Ein weiteres Beispiel dafür, dass man dort nicht gerne arbeitet, sondern lieber arbeiten lässt.

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Arbeitsbewilligungen werden immer nur befristet, meist auf ein Jahr, erteilt. Vom Heimatland aus darf wieder ein neuer Antrag gestellt werden. Die Familienmitglieder erhalten keine Einreisegenehmigung. Somit wird den Fremden jeder Gedanke, sich in diesem Land niederzulassen, schon im Ansatz unterbunden. Einem osmanischen Gesetz zufolge, dürfen Ausländern nicht im Transportwesen beschäftigt werden. Somit waren Bus- und Jeepfahrer, bei Ausflügen in die Berge, ausschließlich Omanis. Der Reiseleiter kam aus Sri Lanka. Und der wusste um diese Regelungen natürlich bestens bescheid.

Die Einkommen für ausländische Arbeitskräfte sind niedrig. Sozialleistungen gibt es überhaupt keine. Wird ein Arbeiter krank, muss er für die Kosten selbst aufkommen. Insbesondere in Anbetracht der Gepflogenheiten in europäischen Landen, wirkt dies hart, beinahe unmenschlich. Omanischer Auffassung nach, ist dem eigenen Volk Vorrang einzuräumen. Wenn ein Ausländer mit diesen Bedingungen nicht zufrieden ist, steht es ihm schließlich frei, anderswo nach Arbeit zu suchen.

oman sultanSultan Qabus ibn Said, der im Jahr 1970 seinen Vater durch einen Staatsreich abgesetzt hatte, erfreut sich höchster Beliebtheit und allgemeinen Respekts. Dass sein Bild in allen Hotels, Restaurant und Geschäften hängt, entspricht zwar einer allgemeinen arabischen Gepflogenheit, doch drückten sich Männer – mit Frauen darf ja nicht gesprochen werden – stets voller Hochachtung für ihren Herrscher aus. Was er alles für das Land getan habe, der Wohlstand habe sich deutlich verbessert, bis hin ins kleinste Dorf, überall seien unter seiner Regierung Straßen gebaut worden, selbst in entlegenen Gegenden habe er Schulen und Krankenhäuser errichtet und seine „Fortschrittlichkeit“ stellte er dadurch unter Beweis, dass Frauen sogar der Besuch von Universitäten erlaubt ist.

oman 4Die Bewohner des Landes – und wiederum kann natürlich nur von den Männern berichtet werden – erweisen sich als durchaus ehrenhafte Menschen. Besuchern gegenüber, auch den weiblichen, sind sie äußerst höflich und zuvorkommend. Auch ihre Ehrlichkeit ist beispiellos. So ließ eine Reiseteilnehmerin ihre Brieftasche auf dem Tisch eines gut besuchten Restaurants liegen. Erst nach einer Stunde kehrte man, nicht wirklich hoffnungsvoll, zurück. Und siehe da, sie lag noch immer auf dem Tisch. Allerdings sei hierbei zu erwähnen, dass Dieben in Oman auch heute noch die Hand abgeschlagen wird. Einige Übertretungen des islamischen Sharia-Gesetzes werden auch mit der Todesstrafe geahndet. Lobend erwähnte der Reiseleiter jedoch, dass Frauen, die beim Ehebruch erwischt werden, mittlerweile nicht mehr gesteinigt werden. Wie gesagt, der Sultan gilt als „fortschrittlich“.

Was die oft atemberaubende Landschaft betrifft, märchenhafte Burgen lange vergessener Epochen, der Anblick arabischer Dhaus, die entlang der Küste übers Meer gleiten, die Atmosphäre in Basaren, gefüllt mit funkelndem Goldschmuck und duftenden Gewürzen, ließe sich gewiss noch eine ganze Menge erzählen. Dieser Bericht soll jedoch in erster Linie auf einige Gepflogenheiten in diesem traditionellen arabischen Land verweisen. Er soll einen kurzen Einblick in die Denk- und Lebensweise bieten, die der unseren so fremd ist.

herta klabundeWie schon anfangs erwähnt, verdanken wir diese Informationen Herta Klabunde, der Besitzerin von GTK Globe Tours. Anders als es im modernen Massentourismus üblich ist, arbeitet sie das gesamte Programm jeder ihrer Reisen nicht nur persönlich aus, auch ist sie selbst überall mit dabei. In wenigen Tagen, am 18. Februar, führt sie ihre Gäste nach Ägypten, eine Studienreise, die den Übergang vom Reich der Pharaonen zu den Ursprüngen des Christentums vermittelt. Neben Andalusien, Usbekistan und Indien, stellt eine Reise nach Peru und Ecuador mit Besuch der Galapagos-Inseln im August gewiss den Höhepunkt der diesjährigen Saison dar. Und sollte mich jetzt jemand verdächtigten, dass ich für Herta Klabunde heimlich werbe, dann möchte ich kurz richtigstellen: Nicht heimlich, sondern offensichtlich. Und zwar aus gutem Grund.

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