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Warum verhalten wir uns häufig und gerne ungesund?

zigarette_in_aschenbecher_grnRauchen, übermäßiger Alkoholgenuss, zu fettes Essen, zu wenig Bewegung – es gibt eine Menge Verhaltensweisen, die der eine oder andere an den Tag legt, die als „ungesund“ eingestuft werden können. Die meisten wissen eigentlich auch, dass sie sich damit langfristig nichts Gutes tun. Warum verhalten wir uns dennoch so ungesund? Man könnte das Ganze auch noch auf andere „unerwünschte“ Verhaltensweisen beziehen, die z.B. mit Umwelt- und Klimaschutz zu tun haben. Aktuell scheint in diesem Zusammenhang insbesondere das Thema Fleischgenuss in den Fokus zu rücken. Wobei allerdings auch gesundheitliche Aspekte zu hohen Fleischkonsums diskutiert werden.

In der Gesundheitspsychologie werden vor allem folgende Einflussfaktoren auf das Gesundheitsverhalten untersucht:

  • die subjektiv eingeschätzte Wahrscheinlichkeit, z.B. aufgrund des Rauchens ernsthaft zu erkranken,
  • die persönliche Bewertung einer solchen möglichen Erkrankung (wie schlimm wäre es, an Lungenkrebs zu erkranken?),
  • die dadurch ausgelöste Furcht
  • die Erwartung, das Risiko einer Erkrankung durch eine Verhaltensänderung verringern zu können (Handlungswirksamkeitserwartung),
  • die Erwartung, z.B. mit dem Rauchen aufhören und das auch durchhalten zu können (Selbstwirksamkeitserwartung), und die Kosten einer Umstellung des Verhaltens im Vergleich zu den erwarteten Gewinnen.

Die Kosten einer Umstellung umfassen die Dinge, auf die man zukünftig verzichten müsste. Im Falle des Rauchens wäre das neben der kurzfristigen Entspannung z.B. auch das gesellige Zusammensein mit anderen Rauchern. Auf der anderen Seite stehen die mehr oder weniger ausgeprägten Entzugserscheinungen, mit denen der Ex-Raucher zunächst konfrontiert wäre.

Die britischen Forscher Sarah Milne, Paschal Sheeran und Sheina Orbell veröffentlichten bereits im Jahre 2000 eine Metaanalyse im Journal of Applied Social Psychology, in der sie Befunde zur Wirkung dieser Variablen auf Verhaltensabsichten und tatsächliches Verhalten zusammenfassten.

Aufgrund dieser Analyse lässt sich festhalten, dass den größten Einfluss auf eine eventuelle Verhaltensänderung die zuletzt genannten Kosten haben! Das heißt es kommt zuallererst darauf an, welchen persönlichen Gewinn wir aus dem „unerwünschten“ Verhalten ziehen. Beziehungsweise darauf, welcher Gewinn aus einer möglichen Alternative für uns resultieren würde. Von fast derselben Wichtigkeit ist die Selbstwirksamkeitserwartung. Trauen wir es uns zu, ein Suchtverhalten aufzugeben, die damit verbundenen Vorteile aufzugeben und mit den zunächst auftretenden Entzugserscheinungen fertig zu werden? Den geringsten Einfluss hatte dagegen die subjektive Bewertung einer möglichen Erkrankung, d.h. wie schlimm man die möglichen Folgen ungesunden Verhaltens einschätzt.

Interessant ist dabei auch die zeitliche Perspektive. Den Genuss bzw. die Entzugserscheinungen erleben wir unmittelbar, die möglichen Vorteile des Verzichts liegen allerdings mehr oder weniger weit in der Zukunft und sind für uns daher nicht unmittelbar interessant!

Nun bin ich selbst Nichtraucher, verhalte mich allerdings auch in dem einen oder anderen Bereich eher ungesund. Zumindest wenn es nach der Auffassung anderer kluger Menschen geht. Denken wir einmal an die Zubereitung von Fleisch. Wie oft wird darauf hingewiesen, dass scharf Angebratenes und zu stark Gesalzenes ungesund sei? Für mich persönlich muss Fleisch allerdings schön knusprig gebraten sein und ich verwende üblicherweise auch recht viel Salz.

Oder: Kennen Sie zufällig auch diese halbrohen grauen oder vielleicht leicht hellbraunen Würste an Imbissbuden? Im allgemeinen wird einem dies als „Bratwurst“ verkauft. Wenn ich überhaupt einmal solch eine Wurst esse, strebe ich an, dass ich möglichst die knusprigste bekomme. „Für mich bitte die schwarze, ich hab‘ schon Krebs!“ Wir wollen uns ja nicht nur ernähren, sondern dabei auch angenehme Sinneseindrücke erleben. Für mich persönlich ist das eher bei gebratenen als bei gedünsteten Speisen der Fall. Wobei ich aber auch frisches Obst, Gemüsesalate usw. esse.

Allerdings tragen auch widersprüchliche Meldungen in den Medien dazu bei, dass der eine oder andere letztlich verunsichert wird, ob das Aufgeben eines „ungesunden“ Verhaltens wirklich sinnvoll ist. So ist einerseits eindeutig ein Zusammenhang zwischen Rauchen und negativen Gesundheitsfolgen festzustellen. Andererseits ist es anscheinend auch riskant, wenn langjährige starke Raucher plötzlich auf jeglichen Tabak verzichten.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Es ist auf jeden Fall am gesündesten, gar nicht erst mit dem Rauchen anzufangen bzw. frühzeitig damit aufzuhören! Vermutlich macht sich auch nicht jeder die Mühe, sich umfassend zu informieren und die einzelnen Informationen zu integrieren.

Zwecks Reduzierung der kritischen Stimmen im Kopf suchen sich viele auch gern die Meldungen heraus, die am besten dem eigenen Standpunkt entsprechen. Da wird sich dann auch gern an wenig repräsentative Einzelpersonen erinnert, die trotz Rauchens und ausgeprägtem Trinkverhalten deutlich über 80 Jahre alt geworden sind.

Wie können Menschen dennoch zu gesundheitsbewusstem Verhalten motiviert werden und welche Maßnahmen zur Förderung eines gesundheitsbewussten Verhaltens sind dabei als besonders effektiv einzustufen?

In diesem Bereich wird ja durchaus einiges in die Werbung („soziales Marketing“) gesteckt bzw. in Form von Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln erzwungen. Meist setzt man dabei auf Furchtappelle. Diese enthalten zum einen Informationen zu einer drohenden Gesundheitsgefahr, zum anderen Hinweise, wie man diese Gefahren vermeiden kann. Dies betrifft z.B. den Verzicht auf das Rauchen, die Verwendung von Kondomen usw.

Manche Kampagnen setzen weniger auf Angst, als vielmehr auf Werbung für ein positives Image z.B. des Nichtrauchens. Bisher ist allerdings zweifelhaft, ob eine solche Werbung mehr Erfolg erzielt. Blieben als weitere Maßnahmen klare Verbote und eine Beeinflussung der Kosten z.B. über Steuern.

Immerhin hat ein totales Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen, wie es vor kurzem in Bayern von der Mehrheit der Bevölkerung entschieden wurde, den Effekt, dass ein geselliges Beisammensein vom Rauchen abgekoppelt ist. Das bedeutet der (erzwungene) Verzicht auf das Rauchen geht in diesem Falle nicht mehr einher mit dem Verzicht auf sozialen Kontakt. Wenngleich es natürlich mit einer Bevormundung von Rauchern verbunden ist. Umgekehrt erlebe ich es als Nichtraucher aber als sehr angenehm, wenn ich in einer solchen Situation nicht mehr mit Zigarettenqualm konfrontiert werde.

Unmittelbare Kosten sind natürlich auch die finanziellen Mittel, die das Suchtmittel in Anspruch nimmt. „Unerwünschtes“ Verhalten ließe sich demnach vor allem über höhere Kosten beeinflussen. Die Wirksamkeit solcher Maßnahmen hängt allerdings auch von der finanziellen Situation der Zielgruppe ab.

Ein Beispiel: Im Jahr 2000 lag die Raucherquote speziell bei Jugendlichen in Deutschland bei 28 %. Im Jahr 2006 lag diese Quote nur noch bei 18 %. Worauf könnte dieser Rückgang zurückzuführen sein? Im gleichen Zeitraum wurden auch die Steuern auf Tabakwaren deutlich erhöht – um jeweils 1 Cent pro Zigarette in den Jahren 2002 und 2003 zwecks Finanzierung des sogenannten ersten Anti-Terror-Pakets. Dabei wurden vermutlich auch andere Möglichkeiten des Geldausgebens im Bereich der Unterhaltungselektronik und Telekommunikation für diese Zielgruppe interessanter.

Ich bin übrigens der Auffassung, dass der Organismus zumindest im Hinblick auf Ernährung selbst am besten weiß, was ihm gut tut. Dabei sind individuelle Unterschiede beispielsweise in Abhängigkeit von der ausgeübten Tätigkeit zu beachten. Voraussetzung für eine solche gesunde Ernährung sind keine Diätpläne, sondern ein gewisses Ausmaß an Information und Erfahrung sowie die Kontrolle über den eigenen Speiseplan. Vor allem aber muss man sich die Zeit dafür nehmen (können), in sich hineinzuhören und seine eigenen Bedürfnisse zu ergründen. Zunehmende Belastungen in den Bereichen Arbeit und Familie aber auch althergebrachte Gewohnheiten (geregelte Mahlzeiten, Zwang zum Aufessen) stehen dem allerdings häufig entgegen.

 

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