Freitag , 19 April 2024
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Unis und Firmen wollen mehr Weiblichkeit in MINT

Bioinformatiker, Prototypen-Koordinator, Beschleunigungstechnologe, Entwicklungs-Ingenieur – all das geht auch weiblich. Denn Frauen stehen Männern in Naturwissenschaften und Technik in nichts nach. Sie wissen es nur nicht.

Vertanes Potenzial, finden mittlerweile viele Unternehmen und Hochschulen und rüsten auf. Sie wollen den weiblichen Nachwuchs für die sogenannten MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik gewinnen und so das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt gerechter gestalten sowie dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Die Politik versucht unterdes, diesem Ziel mit Zwang auf die Sprünge zu helfen: Seit Jahresbeginn soll die Frauenquote die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen zu mehr Weiblichkeit verhelfen. Aber geht das so einfach? Zwar steigt laut einer neuen Studie des Peterson Institutes for International Economics in Washington bei einem Frauen-Anteil von 30 Prozent im Vorstand der Netto-Umsatz um 15 Prozent. Ausschlaggebend sei dafür allerdings die Freiwilligkeit: Quotenfrauen hätten einen negativen Effekt – die Firmen müssen wollen, die Frauen müssen können. Die Washingtoner Forscher raten deshalb, Frauen auf breiter Ebene und durch alle Hierarchieebenen hindurch zu fördern.

Frauen als Potenzial gegen Fachkräftemangel

Gerade in Branchen der MINT-Fächer ist es mitnichten eine einfache Übung, Stellen, geschweige denn leitende Positionen, mit Frauen zu besetzen. Laut der Bundesagentur für Arbeit sind nur 14 Prozent der 7,3 Millionen MINT-Beschäftigten weiblich, Tendenz langsam steigend (Stand 2013). Mit jeder wissenschaftlichen Qualifizierungsstufe sinkt ihr Anteil. Dem MINT-Report des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge fehlten den Unternehmen im September vergangenen Jahres aber satte 164.400 Arbeitskräfte. Wie man einschlägigen Online-Jobbörsen entnehmen kann, sind derzeit knapp 900 Jobs in Naturwissenschaft und Forschung ausgeschrieben. Mehr weibliche Qualifizierung täte also not.

Frauen aber müssen sich noch immer Vorurteilen und früh gesäten Selbstzweifeln erwehren. Ihnen werden häufig geringere technische und mathematische Fähigkeiten unterstellt und bestimmte Leistungen nicht zugetraut. Auch sie selbst glauben nicht an die eigenen Kompetenzen. PISA 2015 bestätigt, dass 15-jährige Schülerinnen Angst vor Mathe haben, weil sie sich das Fach nicht zutrauen. Ähnlich sieht es beim naturwissenschaftlichen Experimentieren aus, bei dem Jungen einen deutlich größeren Handlungserfolg antizipieren. Frauen lassen sich leichter von sozial geteilten stereotypen Erwartungen, ob positiv oder negativ, beeinflussen. Dementsprechend seltener entscheiden sich Mädchen im Abitur für MINT-Fächer, dementsprechend gering ist die „Ausbeute“ für die Universitäten.

Mehr Frauen in MINT-Berufe!

Hochschulen werben um MINT – affine Abiturientinnen

Die Hochschulen kümmern sich mittlerweile zunehmend selbst um den weiblichen Nachwuchs: Die Hochschulen Regensburg und Erlangen-Nürnberg etwa betreiben mit der Website cybermentor.de Deutschlands größtes E-Mentoring-Programm für Mädchen in MINT. Hier werden Schülerinnen der 6. bis 12. Klasse ein Jahr lang von einer persönlichen Mentorin begleitet, die als Rollenvorbild zu MINT-Aktivitäten anregt und Hinweise zur Studien- und Berufswahl gibt. Seit 2005 hätten sich 71 Prozent der ehemaligen Teilnehmerinnen für ein MINT-Fach im Studium oder Ausbildung entschieden, ist auf der Website der Initiative zu lesen. Auf Bundesebene versucht der Nationale Pakt für Frauen in MINT-Berufen – „Komm, mach MINT“ – Mädchen und Frauen für entsprechende Studiengänge und Berufe zu begeistern. Die Initiative will ein realistisches Bild der ingenieur- und naturwissenschaftlichen Berufe vermitteln und Chancen für Frauen aufzeigen. So sollen Hochschulabsolventinnen für Karrieren in technischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen gewonnen werden.

Mädchen für Naturwissenschaften begeistern
Der Unterricht muss geschlechtersensibler gestaltet werden, um so Mädchen gleichermaßen wie Jungen für Naturwissenschaften, Technik und Führungspositionen erfolgreich auszubilden.

Forscher wollen geschlechtergerechte Fachdidaktik

Wie es um die didaktische Geschlechtergerechtigkeit in der Schule steht, untersucht die Initiative GELEFA – Geschlechtergerechte Fachdidaktik in Naturwissenschaften, Technik und Wirtschaftswissenschaften der Pädagogischen Hochschulen Schwäbisch Gmünd und Weingarten. Die Initiative setzt direkt beim Lehrpersonal in den Klassen an. In dem Projekt suchen sie Wege, den Unterricht geschlechtersensibler zu gestalten und so Mädchen gleichermaßen wie Jungen für Naturwissenschaften, Technik und Führungspositionen erfolgreich auszubilden. Erst im Februar 2016 trafen sich 120 Experten und Expertinnen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Schule auf der GELAFA Fachkonferenz, um entsprechende Konzepte und Modelle für einen Unterricht in den Naturwissenschaften, Technik und den Wirtschaftswissenschaften weiter zu entwickeln.

Die Forscher und Forscherinnen diskutierten über Ideal und Wirklichkeit in der Schule sowie über genderbezogene Herausforderungen und Perspektiven beim Übergang in den Arbeitsmarkt in Naturwissenschaften und Technik wie auch beim Aufstieg in wirtschaftliche Führungspositionen.
Die Konferenz zeigte eine Reihe an Methoden für eine gendersensible Didaktik auf, wie sie etwa in der ökonomischen Bildung, in der Mathematik oder in der Informatik erprobt wird. Der Praktiker Dr. Fritz Hasselhorn vom Gymnasium Sulingen in Niedersachsen berichtete auf der Konferenz von einem entsprechenden Modellprojekt: An der Schule wurden im Informatikunterricht Mädchenkurse eingerichtet und das Lehrangebot umgestellt. Nur hervorragende Lehrkräfte unterrichteten in diesen Kursen und das gesamte Fachkollegium bemühte sich um das gemeinsame Ziel, Mädchen für Informatik zu begeistern. Mit dem Internationalen Frauenstudiengang Informatik (IFI) der Hochschule Bremen wurde kooperiert. Mit dem partiell monoedukativen Schulangebot habe sich die Anzahl der Mädchen, die Informatik im Abitur oder im Studium belegten, in den vergangenen acht Jahren erhöht. Dafür verantwortlich seien vor allem die Kommunikation über Geschlechterstereotype, der antizipierte Abiturerfolg bzw. Misserfolg, der antizipierte Studienerfolg, das Berufsbild und die Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb des Faches.

Für einen nachhaltigen Erfolg müsse man aber schon in der Grundschule ansetzen, etwa indem man für Studierende des Grundschullehramts Konzepte zur Förderung der MINT-Kompetenzen ausarbeitet. Um Lehrerinnen und Lehrer nicht durch immer weitere Aufgaben zu überfordern, könne Genderkompetenz in der Aus- und Weiterbildung auch in die Vermittlung von Fachwissen integriert werden. „Es bedarf einer vereinten Bemühung von Schule, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik“, resümiert die Pädagogische Hochschule Weingarten. Die bloße Einführung von Quoten reicht also nicht. Wer solche vorschreibt, muss dafür sorgen, dass diese erfüllt werden können – und dafür Reformen angehen und in Bildung investieren. Der richtige Weg jedenfalls scheint mit einer Menge Kooperationen und neuer Ideen eingeschlagen.

Bildernachweis:
Titelbild – Urheber: dolgachov / 123RF Lizenzfreie Bilder
junge Frauen im Unterricht – Urheber: ximagination / 123RF Lizenzfreie Bilder

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