Freitag , 29 März 2024
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Die Ethik Rating Agentur

Wenn heutzutage von „Ratingagentur“ die Rede ist, ist meistens eine solche Agentur gemeint, welche die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und auch ganzen Volkswirtschaften bewertet. Doch durch welche Kriterien zeichnet sich diese „Wettbewerbsfähigkeit“ im Falle von Volkswirtschaften aus? An welchem Wettbewerb nehmen wir, die Völker der Erde da teil, und bei wem bewerben wir uns?

Wir werben um finanzielle Investitionen und Kredite bei den „Märkten“ (gemeint sind die Finanzmärkte) sowie um das Geld von Kunden, welche die von uns geschaffenen Produkte konsumieren sollen. Ginge es bloß darum möglichst gut von unserer eigenen Arbeit Ertrag zu leben, bräuchten wir mit niemandem in Wettbewerb stehen. Wir könnten unseren eigenen Wohlstand genießen, und bräuchten von niemand Anderem dessen Produktivität als Konkurrenz oder gar Bedrohung sehen.

muenzen stapelTatsächlich geht es aber im internationalen wirtschaftlichen Wettbewerb darum, wie sicher und mit welcher Rendite Investoren Ihr Kapital dort veranlagen können, bzw. wie gut sich Profit aus den natürlichen Ressourcen und der Arbeit der Menschen generieren lässt. Wir sollten dafür generell einmal ein hohes Potenzial an Ressourcen, Humankapital, und Produktivität aufweisen – also metaphorisch einen großen Kuchen backen. Zusätzlich aber sollen wir auch den Investoren ein möglichst großes Stück dieses Kuchens abgeben.

Hier gibt es folgende Faktoren, welche Investoren hohe und/oder sichere Renditen erhoffen lassen, bzw. die alleine schon aufgrund der erwarteten Reaktion der „Märkte“ die Kurse in die Höhe treiben:

  • Niedriges Lohnniveau, Lohnkürzungen, wenig Arbeitnehmerrechte, keine Gewerkschaften, eingeschränktes Streikrecht, kein Kündigungsschutz
  • Freisetzung von Arbeitskräften
  • Niedrige bis keine Besteuerung von Kapitalerträgen
  • Wenig Reglementierung von Industrie und Finanzwirtschaft
  • Wenig Auflagen für Umweltschutz
  • Gering ausgeprägtes Sozialsystem,
  • Privatisierung von Volkseigentum
  • Wenig Sozialleistungen , dafür Einsparungen im Budget
  • Wachstum
  • Fusionen und Aufkäufe von Unternehmen ( je Größer desto besser)

Es lässt sich nun im Einzelfall darüber streiten, inwieweit diese Dinge auch gesamtvolkswirtschaftlich sinnvoll sind, oder bloß die Gewinne einiger weniger Investoren vergrößern sollen. Die wesentlichere Frage ist allerdings, wofür Politiker sich so bemühen das Vertrauen „der Märkte“ zu gewinnen?

Wir, (also, die Staaten, Völker, und Unternehmen) sehen uns gezwungen unsere Produktivität zu erhöhen bzw. den Investoren möglichst gesichert einen beträchtlichen Anteil unserer natürlichen Reichtümer, und Arbeitsleitungen als Profit zukommen zu lassen, damit diese im Gegenzug uns ein Gut zukommen lassen, das für uns knapp ist: GELD

Während in unserer Leistung aber reale Güter, Arbeit und Entbehrungen stecken, erhalten wir im Gegenzug von den Banken und Investoren bloß Geld, das für sich genommen keinen Wert hat, und sich auch ohne Aufwand beliebig herstellen lässt. Hierzu sei kurz darauf hingewiesen, wie Geld in unserem System überhaupt geschaffen wird, nämlich fast ausschließlich über Kredit. Nahezu die gesamte Geldmenge existiert nur, weil es in gleicher Höhe Schuld + Zinsen gibt.

Während der normale Bürger für Geld arbeiten muss, können die Banken dieses einfach bei Kreditvergabe als Buchungszeile in einem Konto erzeugen. Nicht die Bank muss für das neu geschaffene Geld bürgen, sondern der Schuldner muss ausreichend Sicherheit bieten, das neue Luftgeld wieder zurück bezahlen zu können oder zumindest (und darauf kommt es letztlich vor allem an) dass er langfristig laufend Zinsen für das geliehene Geld aufbringen kann. Fairerweise möchte ich dazu erwähnen, dass die Banken in der EU bei Kreditvergabe 1% der Kreditsumme nicht selbst aus dem Nichts schöpfen können, sondern bei der Zentralbank als Mindestsicherung hinterlegen müssen.

In dieser Form ist der Zins also (wie von Mainstream-Ökonomen generell bekräftigt) „der angemessene Preis für den Verzicht des Kapitalgebers sein Kapital sofort konsumieren zu können.“

Vertreter der „Currency Theorie“ sind der Meinung, dass dies für Staaten ein schlechtes Geschäft ist, und diese Ihr benötigtes Geld als „Vollgeld“ einfach selbst schöpfen sollten, ohne sich dabei verschulden und Zinsen zahlen zu müssen. Somit könnten uns dann die Ratingagenturen und Finanzmärkte recht egal sein. Denn wir könnten dann deren angebotenes und für uns derzeit vermeintlich knappes Gut, das Kapital, zur Ingangsetzung von Waren- und Dienstleistungsaustausch, selbst erzeugen.

Eine diesbezügliche Petition wurde allerdings in Deutschland abgelehnt mit der hauptsächlich vorgebrachten Begründung, dass dies die Regierungen zum maßlosen „Geld drucken“ veranlassen würde, und somit Gefahr für eine Hyperinflation bestünde. Politiker haben also offenbar wenig Vertrauen in ihr eigenes Verantwortungsbewusstsein und sind der Meinung, dass Banker und Investoren, die nur ihrem eigenen Profit verpflichtet sind, besser geeignet sind, die Geldmenge im gesamtvolkswirtschaftlichen Interesse zu steuern, als demokratisch gewählte und legitimierte Volksvertreter.

Möglicherweise hat aber einfach Horst Seehofer Recht, der sagte: “Diejenigen die entscheiden sind nicht gewählt und diejenigen die gewählt werden haben nichts zu entscheiden!”

Tatsächlich sind finanzielle Zwänge und Interessen in unserem System stärker und auch großteils immun gegen demokratische Entscheidungsprozesse. Da sich in der Politik diesbezüglich nicht allzu leicht etwas ändern wird, möchte ich hiermit thematisch die Brücke zu einer anderen Art von demokratischer Mitbestimmung schlagen, bei welcher der (mündige und selbstständig denkende) Bürger tatsächlich noch etwas bewirken kann: das Konsumverhalten!

Hierbei möchte ich zuerst einem unter Marktwirtschaftsfetischisten weitverbreiteten Dogma widersprechen:

Die „Unsichtbare Hand des Marktes“ sorgt in der Praxis leider nur recht selten dafür, dass Arbeit und Ressourcen dorthin gehen, wo sie den größten gesellschaftlichen Nutzen stiften, sondern eine Investition geht meistens dorthin, wo sie am meisten Profit verspricht.

Anders wäre es kaum erklärbar, dass z.B. Waffenhandel und Drogenhandel äußerst profitabel sind, das Aufziehen von Kindern (Kinder sind ja das wichtigste Kapital für die Zukunft) oder Tätigkeiten für den Umweltschutz hingegen unterbezahlt bis ehrenamtlich erfolgen müssen.

Wie können wir also Großkonzerne und Investoren zu ethisch und gesellschaftlich verantwortlichem Handeln bewegen?

Über die Politik haben wir leider immer weniger Möglichkeiten der Gestaltung, denn Lobbyisten und finanzielle Zwänge haben weit mehr Einfluss auf Politiker als die Interessen derer Wähler.

Wahlfreiheit und Macht hat der Bürger hingegen vor allem als Konsument. Indem wir selbst entscheiden was wir kaufen, können wir ethisch verantwortungsbewusst handelnde Unternehmen belohnen und andere durch Konsumverweigerung bestrafen. Doch leider sind die meisten Bürger beim Konsum nicht ausreichend informiert bzw. machen sich nicht die Mühe einer genauen Recherche, wodurch meistens nur in Hinblick auf den günstigsten Preis gekauft wird. Daher wäre es sinnvoll eine neutrale staatliche Rating Agentur ins Leben zu rufen mit dem Ziel sämtliche relevanten Produkte und Dienstleistungen zu überprüfen, und diese Produkte dann entsprechend zu kennzeichnen.

Als Prüfkriterien schlage ich folgende vor:

  1. Energie und Ressourcenverbrauch bei der Herstellung, Transport und im Betrieb
  2. Müllaufkommen durch Verpackungsmaterial bzw. Entsorgung nach Lebensdauer des Produkts
  3. Eventuell auftretende Kontaminierungen bei Herstellung und Entsorgung
  4. Faire Entlohnung und Arbeitsbedingungen bei Produktion bzw. Durchführung der Dienstleistung (Kinderarbeit?)
  5. Artgerechte Tierhaltung, Tierquälerei, Tierversuche
  6. Produktion im Einklang mit der Natur, Rodung von Waldflächen für Monokulturen
  7. Gesundheitliche Auswirkungen bei Anwendung: also z.B. gesunde oder weniger gesunde Lebensmittel
  8. Angemessene oder überzogene Vorstandsgehälter
  9. Involvierung in Krieg ( Investitionen in Waffengeschäfte) und Diktaturen
  10. Steuerhinterziehung bzw. Auslagerung der Firmengewinne in Steueroasen
  11. Sonstiges soziales und kulturelles Engagement und Sponsoring von Unternehmen

Ein paar einfache Grundinformationen sollten dabei gleich auf der Verpackung angebracht werden, genauere Informationen könnten via Internet abgerufen werden.

So könnte zwar aufgrund des gesetzlich garantierten freien Güterverkehrs innerhalb der EU nicht verhindert werden, dass z.B. Schweinefleisch aus Kastenstallhaltung in unseren Regalen landet, aber man könnte hier nach dem Vorbild der Zigarettenpackungen vorgehen mit deutlicher Kennzeichnungspflicht auf der Verpackung. Statt einem Logo mit fröhlichem Schwein auf der grünen Almenwiese müsste in diesem Beispielfall dann ein realistisches Schwein aus einem Massenbetrieb, im engen Kastenstall und in den eigenen Exkrementen liegend, dargestellt werden.

Schokolade könnte z.B. den Hinweis auf der Packung haben, dass Kinderarbeit bei der Kakaoernte nicht ausgeschlossen werden kann, oder gar nachweislich gegeben ist. Auch Restaurants hätten die Möglichkeit auf der Speisekarte die Herkunft der Lebensmittel zu kennzeichnen bzw. würden die Kunden dann zunehmend eine solche Kennzeichnung erwarten.

Wenn den Kunden diese Informationen leicht und deutlich zugänglich gemacht werden, würden viele bestimmt nicht nur nach dem Kriterium des Preises entscheiden. Es wäre dabei wünschenswert, wenn Konsumenten über Vernetzung in Foren sich zu akkordierten Aktionen zusammenschließen.

Angenommen ein Bankenvorstand genehmigt sich einen besonders unverschämt hohen Bonus, so könnten Kunden dieser Bank gezielt ihr Geld in bar abheben, und bei anderen Banken einzahlen. Wenn selbst bloß ein paar wenige Prozent der Kunden dies täten, wäre die Bank in ernsthaften Schwierigkeiten, da sie nur einen äußerst kleinenTeil aller Einlagen überhaupt durch Bargeld gedeckt hat. Wenn also der betreffende Vorstand aus Angst vor einem Banken-Run einlenkt, könnte man sich in weiterer Folge gezielt die nächste Bank vornehmen.

Wenn nun die Konsumenten informiert, organisiert und vereint aktiv sind, könnten sie somit auf ethischer Grundlage die wirtschaftlichen Vorgänge auf der Welt quasi demokratisch mit entscheiden und beeinflussen.

Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“ – dieser Sinnspruch für Gewerkschaft und Streikrecht ist heutzutage recht zahnlos geworden, weil die Arbeit weniger wird, und das internationale Angebot an austauschbaren Arbeitskräften so hoch wie noch nie. Daher ist es wichtig die Organisation der Arbeitenden, durch die Organisation der Konsumenten zu ergänzen.

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