Freitag , 19 April 2024
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Benzinpreis zu hoch? Wo ist das Problem?

zapfhahn tankstelle 1Die Preise an den Zapfsäulen steigen, aber das ist kein Thema für politische Diskussionen. Deutschlands Elite-Diskutierer beschäftigen sich nur mit der großen Politik: dem Rummel um Wulff, dem Rummel um Gauck, aber bloß nicht um die eigenen Interessen. Benzinpreise sind ja keine Politik. Der Benzinpreis hat zwar noch nicht die Bedeutung gewonnen, die früher einmal der Brotpreis hatte, also eine systemsprengende. Aber in einer Welt, wo die Teilnahme am Arbeitsleben und damit auch die Lebensgrundlage immer mehr von der Mobilität abhängt, kommt den Benzinpreisen eine höhere Bedeutung zu als jemals zuvor. Denn es sind nicht allein die Benzinpreise, ihnen folgen die Strompreise, die Preise für die Bahn und den öffentlichen Nahverkehr und so manche andere Preiserhöhung, die man mit den höheren Benzinpreisen rechtfertigen kann. Zum Teil sind diese Argumente folgerichtig, erhöhen sie doch die Betriebskosten so mancher Unternehmen.

Aber für die Intellektuellen und die sonstigen Kritiker der gesellschaftlichen Verhältnisse sind natürlich Benzinpreise zu platt, als dass darüber diskutiert werden müsste. Ist ja keine hohe Politik. Und Umweltschützer, Grüne und Ähnliche würden am liebsten noch was drauflegen, damit nicht mehr soviel Auto gefahren wird, zum Wohle der Umwelt. Das ist nicht falsch, aber verlogen. Denn die Umwelt wird vom Autoverkehr viel weniger belastet als vom Ausstoß der Stromerzeuger. Aber gegen die wenden sich die Grünen nicht mit derselben Heftigkeit wie gegen den „unverantwortlichen“ Individualfahrer, der mit dem Auto zur Arbeit fährt, weil er nicht warten kann, bis die Grünen den flächendeckenden ÖPNV herbeidiskutiert haben. Eigentlich müssten die Energiekonzerne die Grünen und Ähnliche in ihrer politischen Arbeit vielmehr unterstützen. Keiner verkauft die Rettung des Planeten durch höhere Spritpreise so gut wie diese.

Und der kleine Mann an der Zapfsäule, was sagt er dazu? „Da kann man nichts machen, wir müssen es halt bezahlen“. „Diese Abzocke ist eine Unverschämtheit“. „Warum macht denn die Politik nichts“. Aber keiner fragt sich, warum machen wir, die Verbraucher, die Leidtragenden, nichts? Wobei man wieder weiter oben angekommen wäre, bei dem Standardargument der radikalen Hasenfüße, dass man nämlich sowieso nichts machen kann.

So jammert sich der Verbraucher in den Untergang, anstatt zu überlegen, ob man denn nicht vielleicht doch etwas machen könne. Meistens kann man mehr machen als gar nichts. Sekundiert wird er dabei von der Politik und der Wissenschaft. Die Ersteren finden es auch unglaublich und geben sich radikal, so radikal, dass sie erwägen, den Konzernen nur eine Preiserhöhung pro Tag zu genehmigen, was beim Verbraucher die Hoffnung nährt, dass etwas geschieht und alles besser wird. Beste Voraussetzung, dass alles beim Alten bleibt. Die Wissenschaftler erklären uns, warum der Benzinpreis steigen muss und lassen damit die Preissteigerungen als ein Naturgesetz erscheinen.

Die Preise sind nicht das Ergebnis der knapper werdenden Quellen. Das sagt man uns schon seit der großen Ölkrise der 1970er Jahre. Sie sind auch nicht irgendwelchen politischen Krisen geschuldet wie derzeit im Iran. Was der Iran nicht mehr liefert, beeilen sich Saudi-Arabien oder andere zu ersetzen. Die Preise an den Zapfsäulen sind das Ergebnis der Monopolisierung des Weltmarktes. Er ist aufgeteilt unter wenigen großen Konzernen, die sich gegenseitig über den Preis keine Konkurrenz machen, sondern sich absprechen, auch wenn man das nicht beweisen kann. Denn die Konzerne sind nicht so dumm, das öffentlich hinauszuposaunen.

Obwohl der aktuelle Ölpreis mit ca 105 $ pro Barrel immer noch um etwa ein Drittel unter seinem Höchststand von 2007 liegt mit seinerzeit über 140 $, sind die Preise an den Zapfsäulen so hoch wie nie. Und obwohl der Ölpreis im Verlauf der Krise einen Abschwung um ca. 80% auf etwa 30 $ erlebt hatte, haben die Benzinpreise keinen Verfall von 80% erlebt. Und so kommt es, dass BP im vergangen Jahr mit 18 Mrd. seinen höchsten Gewinn aller Zeiten eingefahren hat. Und bei den anderen wird es wahrscheinlich auch nicht schlechter aussehen.

Aber der Verbraucher kann ja nichts machen und muss erdulden, weil es ihm alle Welt sagt und er es auch gerne glaubt. Denn es ist einfacher, auf die Konzerne und Politik zu schimpfen und denen die Verantwortung zuzuschieben und zu jammern, als sich selbst zu bewegen. Dass es aber geht oder gehen könnte, gegen die großen Konzerne anzugehen und sie sogar in die Knie zu zwingen, hatte Greenpeace bewiesen, als Shell eine Bohrinsel im norwegischen Fjord versenken wollte. Greenpeace rief zum Boykott von Shell auf und der Verbraucher folgte gern, weil er den Konzernen mal heimzahlen wollte, was er bei jeder Preiserhöhung an Ärger hatte runterschlucken müssen. Und er brauchte nicht einmal auf den Sprit zu verzichten, denn die Zapfsäulen der anderen verkauften weiterhin Benzin. Shell drohte der Verlust von Marktanteilen und Gewinnen und das ist das wirksamste Druckmittel im Kapitalismus. Shell gab nach, weil die Zapfsäulen trockenliefen.

Hier hatte bei den Verbrauchern funktioniert, was sonst nur bei den Konzernen funktioniert: Die Absprache, die Organisierung des Handelns für die eigenen Interessen. Eine Führung ruft auf zum Boykott mit einem klar erkennbaren Ziel, das von allen, die sich am Boykott beteiligen, als sinnvoll, nachvollziehbar und dem eigenen Interesse dienlich erkannt wird. Und die Aufgerufenen folgen dieser Führung aus eben diesen Gründen, weil sie das eigene Interesse erkennen und die vorgeschlagene Handlung als erfolgversprechend ansehen. Das hat dann nichts mehr zu tun mit der blind folgenden, manipulierten Masse, die immer als das Schreckgespenst in den Gegensatz zum mündigen, aufgeklärten Bürger gestellt wird. Nein, hier handelt dann der aufgeklärte, mündige Bürger als Masse, weil sie ihr gemeinsames Interesse erkennt und dafür eintritt. Und wenn das gemeinsame Interesse auch nur so „banal“ ist, dass von einem der Konzerne verlangt wird, dass er seine Benzinpreise um 10% senkt. Wenn er es nicht freiwillig macht, dann wird dort nicht mehr getankt sondern bei den andern. Und wenn der Preis gesunken ist, erzwungen durch das bewusste und aufeinander abgestimmte Verhalten der Verbraucher, also durch einen höchst politischen Akt, dann macht das auch Druck auf die „Mitbewerber“. Denn wer tankt noch da, wo der Preis 10% höher ist. Die Absprache der Konzerne wird aufgebrochen durch die Absprache und Vereinigung der Verbraucher.

Und dann erkennt man erst, wie politisch brisant Benzinpreise sein können, wenn man sich selbst politisch verhält, indem man sich für die eigenen Interessen organisiert.

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