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Achtung (teilweise) Satire: Die Geschichte vom toten Kapital

fu_deutsche_bankBei „Spiegel ONLINE“ gab es am 8. September den thematischen Steilpass zu diesem Beitrag. In einem Bericht unter dem Titel „Fatale Wetten auf Leben und Tod“ wird berichtet, Investoren wie die Deutsche Bank kaufen in den USA Lebensversicherungen alter Menschen – sie spekulieren auf deren schnellen Tod. Die Deutsche Bank brachte unter dem Titel „db Kompass Life 3 Fonds“ eine Broschüre auf den Markt, wo anhand von 500 Referenzpersonen im Alter zwischen 72 und 85 und ihren Gesundheitsdaten deutlich gemacht wird, dass es nicht mehr lange dauern kann.

Das Konzept war und ist ganz einfach, statt nicht mehr benötigte Policen aufzulösen, werden diese einfach verkauft. Der Käufer ist verpflichtet, weiter die Beiträge für diese Verträge zu übernehmen. Der oder die Investoren hoffen und planen mit hohen Ausschüttungen. Notwendig dazu ist natürlich ein modellfreundliches und zeitnahes Ableben der Verkäufer.

Mehr als 200 Millionen Euro wurden für diese Idee in Deutschland eingesammelt. Die Rendite ergibt sich aus dem kalkulierten Ableben der Referenzpersonen, errechnet wurde dieses Datum durch die Deutschbanker. Zwischendurch hat man ein weiteres Modell getestet, weil es galt, die realen Beiträge zusätzlich einzusparen. Anonymisierte Gesundheitsdaten von mehreren Hundert Amerikanern wurden bei Zwischenhändlern gekauft, die dazu passenden Lebensversicherungen dann von der Bank selbst entworfen.

So war das also mal berechnet, die auserkorenen Referenzpersonen produzierten keine Kosten für Prämien mehr, alles war gut.

Darauf haben sich dann die Kunden verlassen, unter ihnen auch viele Kleinanleger. Die eigentliche Ausschüttung ist für 2015 geplant. Da aber bei weitem nicht so gestorben wurde, wie es sich die Deutschbanker in den USA gedacht hatten, sind die Kunden verunsichert und empört.

Die Bank hat auf die Risiken der Anlage hingewiesen: „… ein unerwarteter Durchbruch in der medizinischen Forschung oder neue Behandlungsmethoden, für bislang tödliche Krankheiten, könnten zu einem späteren Ableben der Referenzpersonen führen“. Damit ist doch alles gesagt.

Aber – es ist wie im richtigen Leben, der Tod ist unberechenbar. In den achtziger Jahren blühte das Geschäft ohne Ende. Viele AIDS-Kranke verkauften ihre Policen, um überhaupt Geld für teure Behandlungen zu haben. Das freute Investoren und Käufer sehr, sie fanden sich zuhauf. Der Super-Gau lauerte aber schon. Die Medizin wurde besser und besser, die Kranken lebten einfach länger. Die Rendite sank und sank, und die Kranken hatten nicht einmal ein schlechtes Gewissen.

Also wich man aus. Alte Menschen waren angesagt, die Golden Ager waren heiß umworben. Für 2007 errechnet man ein Marktvolumen von 12 Milliarden Dollar, für 2016 schätzte man das Volumen auf 90 bis 140 Milliarden Dollar, rechtzeitiges Sterben vorausgesetzt.

Nicht nur die Deutsche Bank, auch die Credit Suisse stiegen ein. Ein weiterer Globalplayer durfte auch nicht fehlen, es war Goldman Sachs. Lloyd Blankfein, der oberste Chef, hatte im Interview auch schon gesagt, die Banken würden Gottes Werk verrichten. Jetzt weiß ich endlich, was er damit gemeint hat.

Fonds über Fonds wurden aufgelegt – die meisten floppten auf das Grandioseste. Die Amerikanerinnen und Amerikaner hielten sich einfach nicht an die gedachten Regeln, sie starben nicht. Da kann man wirklich die Lust am Leben verlieren. Dubiose Agenten und Firmen spielen auch noch mit. Prozesse über Prozesse sind im Gange, die damit befassten Rechtsanwälte werden schon zu Lebzeiten reich und reicher. Die Deutsche Bank hat ihre Mannschaft, welche für das Geschäft zuständig war, mehr und mehr reduziert, da ist nur noch eine kleine Gruppe mit dem Kampfnamen „Undertaker-Crew“ dabei, der Rest wurde Totengräber.

Das alles hat mir keine Ruhe gelassen. In der letzten Zeit hat man Herrn Dr. Ackermann immer wieder mit seinen Statements gehört oder gesehen. Auf der Webseite des Unternehmens sind auch eine Reihe seiner Reden präsent, diese interessierten mich.

In Berlin sagte er im Rahmen des Neujahrsempfangs der Bank unter anderem das folgende:

„Banken sind Teil der Gesellschaft, sie können in einer Parallelwelt nicht gedeihen, sie brauchen die Zustimmung der Menschen und das heißt: sie müssen in ihrem Tun nicht nur der sogenannten realen Wirtschaft dienen, wie es oft heißt, nein mehr noch: sie müssen den Menschen dienen. Und ich füge hinzu: Wir als Deutsche Bank tragen hier als Marktführer eine besondere Verantwortung. Dessen sind wir uns bewusst“.

In einer weiteren Rede las ich: „Gesellschaftliche Verantwortung übernehmen wir auch, indem wir alles daran setzen, unsere Ergebnisse möglichst ohne negative Nebenwirkungen für andere und die Gesellschaft zu erzielen“.

Bravo, bravo, sehr verehrter Herr Dr. Ackermann, jetzt stimmt mein Weltbild und das Bild von ihnen in mir wieder. Ihre warmherzigen und schönen Worte leite ich sofort an die Referenzpersonen weiter. Ich bin davon überzeugt, egal ob alt oder AIDS-krank, sie werden sich sehr über ihre Stellungnahmen freuen. Sie, lieber Herr Dr. Ackermann und das Haus Deutsche Bank, sie haben ein Recht auf unsere Solidarität. Bleiben sie fröhlich, wir stehen zu ihnen.

Folgende Punkte sollten ganz offen besprochen werden:

  • Laut der neuesten Meinungsbildung in der Politik sollte ein Einsatz der Bundeswehr möglich sein, wenn strategische und wirtschaftliche Interessen in der Welt gefährdet sind. Könnte da nicht ein Sonderkommando nochmals mit den Referenzpersonen sprechen? Ganz nett, ganz freundlich, natürlich nur im Rahmen der Vorschriften, wäre das was?
  • Um dieses todsichere Geschäft, welches auch Zukunft hat, nicht weiter zu gefährden, wären dafür nicht dringend notwendige Korrekturen in der Medizinerausbildung zu veranlassen?
  • Kann man die Angelegenheit mit dem Herrn Tod auch dadurch regeln, dass man mit ihm, an einem Ort seiner Wahl, eine Konferenz zu diesem sensiblen Thema durchführt? Wäre für ihn nicht ein Sitz im Aufsichtsrat möglich, sogar angebracht?
  • Sollte man nicht die Zielgruppe neu definieren, gibt es hier im Land nicht genug Möglichkeiten, siehe das Klientel H4?
  • Kann man nicht die Bundeswehr, zumindest die im Ausland tätigen Mitarbeiter, für ein Pilotprojekt gewinnen? Das gäbe doch eine Win/Win-Situation.
  • Haben sie noch nicht an einen Fond für die Bevölkerung des Irak und Afghanistan gedacht? Zumindest darüber nachzudenken muss doch erlaubt sein.
  • Sollte man das Thema nicht auch auf Migranten bei uns übertragen können?

Es gibt also viele Möglichkeiten, Chancen und Projekte, lasst es uns endlich angehen. Passieren kann nicht viel, es ist eine todsichere Sache, ehrlich.

© Peter Reuter

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