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EZB: Es wird gerettet, Geld spielt dabei keine Rolle

ezb frankfurt 1Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heute zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ihre Geldschleusen geöffnet und den Geschäftsbanken über eine halbe Billion Euro zu einem Rekord-Niedrigzins von einem Prozent geliehen. Die Probleme Europas werden dadurch nicht gelöst, eher treten weitere zu den bereits bestehenden hinzu.

Bereits im Dezember 2011 startete die EZB ihre sogenannte Langfrist-Refinanzierungsoperation. Für ein Prozent Zinsen bekamen die Geschäftsbanken faktisch so viel Geld von der EZB, wie sie haben wollten. Die Besonderheit besteht weniger in dem niedrigen Zins, sondern vielmehr darin, dass die EZB den Banken das Geld für drei Jahre zur Verfügung stellt. Den Geldhäusern wird so eine Atempause verschafft, insbesondere den spanischen und italienischen Großbanken, die dem Kollaps näher als der Sanierung sind. Die Banken misstrauten sich damals, liehen sich untereinander kaum noch etwas, weil sie nicht wussten, wie es um die Solvenz des Gegenübers bestellt war.

Der Interbankenmarkt ist für das vorherrschende Finanzsystem äußerst wichtig. Liegt dieser brach, schrillen folglich die Alarmglocken in Frankfurt am Main, dem Sitz der EZB. Also entschlossen sich die Zentralbanker, die per Gesetz dazu verpflichtet sind, die Preise innerhalb der Euro-Zone stabil zu halten, dazu, dem Finanzsystem hunderte Milliarden Euro zu injizieren. Das Angebot der EZB wurde geradezu euphorisch angenommen, im Dezember genehmigten sich 523 Geldinstitute 489 Milliarden Euro. Bereits damals kündigte die EZB an, im Februar 2012 erneut Geld bereitzustellen. 800 Kreditinstitute schlugen am heutigen Mittwoch zu und fragten 529,5 Milliarden Euro nach. Macht zusammen 1.018,5 Milliarden oder etwas mehr als eine Billion Euro.

Würde man das Finanzsystem mit dem Markt für harte Drogen vergleichen, käme man zu der Ansicht, dass die EZB eine Stelle ist, an der faktisch kostenlos Heroin an Großdealer vergeben wird. Dies liegt allerdings nicht an der Mildtätigkeit der Zentralbanker. Es ist die Angst der EZB vor dem Tod einer dieser Großdealer. Dieser würde nämlich, wie wir bei Lehman Brothers gesehen haben, den gesamten Drogenmarkt bedrohen, es stünde gar zu befürchten, dass die kleinen und großen Junkies, namentlich die einzelnen Menschen und die Staaten, in denen diese leben, es mit der Angst zu tun bekämen und ihre Drogen nicht länger im Schließfach der Dealer lassen, sondern die Tresore leer räumen. Die Gefahr, dass sich diese Junkies ihrer Sucht bewusst werden und clean werden wollen, besteht zwar auch, ist aber dennoch reichlich unwahrscheinlich, da das Suchtpotential bei Krediten so hoch ist, dass der gesunde Menschenverstand ausgeschaltet und munter weiter konsumiert wird.

Was fangen die Banken nun also mit dem vielen Geld an? Insgeheim hofft man in Europa darauf, dass ein Gutteil des Geldes in Staatsanleihen kriselnder Länder wie Spanien oder Italien fließt. Öffentlich sagen können die Regierungen oder die EZB dies nicht, immerhin ist es der Zentralbank strengstens untersagt, Staaten zu finanzieren. Deshalb der gewiefte Umweg über die Geschäftsbanken, denen es naturgemäß völlig egal ist, weshalb ihnen irgendjemand Geld zuschanzt, Hauptsache die Kohle kommt auf die eigenen Konten. Es gibt zum Nachteil der Krisenländer allerdings wesentlich lukrativere und gleichzeitig risikoärmere Geschäftsfelder für die Geldhäuser als den Markt für Staatsanleihen.

Lebensmittelspekulation zum Beispiel. Damit lässt sich eine dicke Rendite einfahren. Oder im Energiesektor. Die Folge ist, dass hunderte Milliarden durch das globale Dorf vagabundierende Euro nach Möglichkeiten suchen, sich zu vermehren. Mit dem vielen Geld kann man natürlich Manipulation betreiben, wodurch sich die Chancen, aus viel Geld noch mehr zu machen, deutlich erhöhen. Die Folge des großzügigen EZB-Angebots sind steigende Preise, ob bei Lebensmitteln oder beim Rohöl. Das Geld sucht sich immer den leichtesten Weg, und da alle Menschen essen und viele mobil sein müssen, kann man mittels manipulativen Eingriffen in diese Märkte schnell viel Geld machen. Die schlafwandelnden Bürger der Industriestaaten stöhnen ein wenig über die gestiegenen Butter- und Benzinpreise, in den bitterarmen Staaten verhungern ein paar Menschen mehr, aber das System, welches sich dafür verantwortlich zeichnet, ist gerettet und nur darauf kommt es an.

Die neuerliche Geldspritze der EZB birgt enorme inflationäre Risiken, das ist auch den Zentralbankern bewusst. Es fehlt schlicht an Alternativen für dieses Vorgehen der Währungshüter, die mehr und mehr zum Schutzpatron der Geldhäuser mutieren. Einen Kollaps von Großbanken kann man nicht riskieren, würde dies doch bedeuten, dass die Menschen verstehen könnten, wie fragil das Finanzsystem seit 2008, dem Jahr der Lehman-Pleite, ist.

Also wurschtelt man weiter, erduldet die paar Hungertoten und den „Zorn“ der Industriestaaten-Bürger und kauft sich Zeit. Mit der EZB-Injektion ist nämlich kein Problem angegangen geschweige denn gelöst worden. Man reagiert mit noch mehr Schulden auf zu hohe Schulden. Diese Handlungsweise leuchtet zwar keinem normaldenkenden Menschen ein, aber darauf kommt es auch gar nicht an. Es geht darum, dass Casino am Laufen zu halten, wenigstens noch für ein paar Monate oder Jahre.

Die Ratingagentur Fitch kann dem neuen EZB-Carepaket für die Banken denn auch nur wenig abgewinnen. Der Kollaps schwächelnder Bankhäuser werde dadurch lediglich hinausgezögert, so Fitch. Die Geldschwemme der EZB reiht sich somit in die Riege der unnützen, da lediglich aufschiebenden Maßnahmen ein, die Europa bislang zur Eindämmung der sogenannten Schuldenkrise ergriffen hat. Das eigentliche Problem besteht jedoch darin, dass die Führer des Kontinents nicht begreifen wollen, dass das System an sich die Krisen hervorruft, Schulden immer Krisen hervorrufen werden.

Stattdessen versuchen sie den Schuld-Virus dadurch zu bekämpfen, dem kranken Finanzsystem auf die Beine zu helfen, indem sie ihm noch mehr Schuld-Viren einimpfen. Als Taktik oder gar Strategie ist dieses Vorgehen nicht zu bezeichnen, allenfalls als kläglicher Versuch, die Patienten auf der Schuld-Intensivstation noch ein wenig am Leben zu erhalten.

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