Dienstag , 16 April 2024
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Federal Reserve „light“: Die italienische Zentralbank

italienische zentralbankDie im Jahre 1893 als Aktiengesellschaft gegründete Banca d’Italia ist die italienische Zentralbank und Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB). Die Banca d’Italia wurde 1936 in eine Anstalt öffentlichen Rechts umgewandelt und 1981 von der Regierung unabhängig. Die zentralen Aufgaben der Italienischen Zentralbank sind die Sicherstellung von Währungs- und Finanzstabilität durch ihre Mitverantwortung bei den Entscheidungen über eine einheitliche Geldpolitik des Euro-Währungsgebietes, die Umsetzung von EZB-Beschlüssen und die Finanzmarkt- und Bankenaufsicht in Italien. Darüber hinaus berät sie die nationalen Verfassungsorgane in finanzpolitischen Angelegenheiten.

Wir werden im Folgenden untersuchen, ob die Eigentümerstruktur der Banca d’Italia gewährleistet, dass die nationalen, bzw. öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen (und nicht einzelne private) Interessen ordnungsgemäß vertreten werden können. Hierzu werden wir prüfen, ob die Banca d’Italia auch in Besitz von privaten Institutionen ist. Private Eigentümer an Zentralbanken sind nicht unüblich und schwanken zwischen den Extremen amerikanische Notenbank Federal Reserve (zu 100 % in Privatbesitz) und Deutsche Bundesbank (zu 0 % in Privatbesitz).

In der Rubrik „Aktionäre“ (ital.: partecipanti al capitale) des Internetauftritts der Banca d’Italia wird – frei übersetzt – wie folgt eingeleitet:

„Die Beteiligung an der Bank von Italien ist durch die Artikel 3 und 49 der Satzung geregelt. Das Eigenkapital in Höhe von 156.000 Euro wird von 300.000 Namensaktien zu je 0,52 Cent repräsentiert. […] Es ist auch festgestellt, dass der Verkauf der Aktien nur mit Zustimmung des Hohen Rates und auf Vorschlag des Vorstands „unter Wahrung der Autonomie und Unabhängigkeit des Instituts und eine ausgewogene Verteilung“ getätigt werden kann. Die ordentliche Hauptversammlung findet jährlich, spätestens bis zum 31. Mai statt und entscheidet über die Genehmigung des Budgets, die Verteilung der Gewinne, die Bildung von Rücklagen und falls erforderlich die Bestellung des Abschlussprüfers und des Vorsitzenden des Aufsichtsrates. Artikel 39 und 40 der Satzung zur Verteilung der Gewinne sehen vor, einen Teil an den Staat zu übertragen und (Gewinn-)Rücklagen zu bilden.“
vgl.

Eine Übersicht der Aktionärsstruktur findet sich ebenso auf den Webseiten der Banca d’Italia und kann in der italienischen, sowie der englischen Fassung abgerufen werden.

Anmerkungen:
S.p.A. (società per azioni) – Eine mögliche Unternehmensform einer italienischen Kapitalgesellschaft. Die S.p.A. entspricht in etwa einer deutschen Aktiengesellschaft. Der Gesellschafter ist beschränkt haftbar und am Unternehmen durch Aktien beteiligt.
Cassa di Risparmio – ital. für Sparkasse

Im Folgenden werden die einzelnen Eigentümer an der italienischen Zentralbank genauer beleuchtet. Wie sich später noch herausstellen wird, reicht die Untersuchung der zehn größten Anteilseigner von insgesamt 64, um die Frage, „ob die Eigentümerstruktur gewährleistet, dass gesamtwirtschaftliche Interessen vertreten werden“, beantworten zu können.
Die zwölfstellige Buchstaben-Zahlen-Kombination (ISIN = International Securities Identification Number) stellt eine Identifikation für ein Wertpapier (hier: Aktie) dar, das an der Börse gehandelt wird.

1. Intesa Sanpaolo S.p.A.
Aktienanteil: 30,35 % | Stimmen: 50 (9,28 %)  + Beteiligungen 36,55 % | 91 (16,88 %)
Die Intesa Sanpaolo S.p.A. ist das zweitgrößte Kreditinstitut Italiens mit Firmensitz in Turin. ISIN IT0000072618
http://www.group.intesasanpaolo.com/scriptIsir0/si09/chi_siamo/ita_wp_chi_siamo.jsp#/chi_siamo/ita_struttura_organizzativa.jsp

2. UniCredit S.p.A.
Aktienanteil: 22,11 % | Stimmen: 50 (9,28 %)
Die Unicredit S.p.A. ist eine italienische Holding von Finanzdienstleistungs-Unternehmen mit Sitz in Mailand. Sie ist das größte Bankinstitut Italiens. ISIN IT0000064854
http://de.wikipedia.org/wiki/Unicredit

3. Assicurazioni Generali S.p.A.
Aktienanteil: 6,33 % | Stimmen: 42 (7,79 %)
Die Assicurazioni Generali S.p.A. ist der größte italienische Versicherungskonzern mit Sitz in Triest. ISIN IT0000078193
http://de.wikipedia.org/wiki/Assicurazioni_Generali

4. Cassa di Risparmio in Bologna S.p.A. – “Carisbo“
Aktienanteil: 6,2 % | Stimmen: 41 (7,61 %)
Die “Carisbo“ gehört zur Intesa Sanpaolo Banking Group. Alleiniger Gesellschafter, Management und Koordination: Intesa Sanpaolo S.p.A. (siehe 1.)
http://www.carisbo.it/scriptIbve/retail20/RetailCarisbo/ita/footer_pagine/dati_societari/ita_dati_societari.jsp

5. INPS  (Istituto Nazionale della Previdenza Sociale) – öffentliche Institution(!)
Aktienanteil: 5,0 % | Stimmen: 34 (6,31 %)
Das INPS (dt.: Nationales Institut der Sozialvorsorge/sozialen Fürsorge) ist der wichtigste Sozialversicherungsträger in Italien mit Sitz in Triest.
http://de.wikipedia.org/wiki/INPS

6. Banca Carige S.p.A. – Cassa di Risparmio di Genova e Imperia
Aktienanteil: 3,97 % | Stimmen: 27 (5,01 %)  + Beteiligungen 4,05 % | 29 (5,38 %)
Sie vereint die „Banca Carige Group“ unter anderem mit (absolut mehrheitlichen) Beteiligungen an weiteren Eigentümern der Banca d’Italia: Cassa di Risparmio di Savona S.p.A. [0,041 % | 1], Cassa di Risparmio di Carrara S.p.A. [0,034 % | 1], Banca del Monte di Lucca S.p.A. [ 2 Aktien | 0 Stimmen] und weiteren Finanzdienstleistern. ISIN IT0003211601
http://carige2010.message-asp.com/en/banca-carige-group/banca-carige-group

7. Banca Nazionale del Lavoro S.p.A.
Aktienanteil: 2,83 % | Stimmen: 21 (3,90 %)
Sie ist Italiens sechstgrößte Bank und gehört zur französischen Bankengruppe BNP Paribas ISIN IT0001254884
http://en.wikipedia.org/wiki/Banca_Nazionale_del_Lavoro

8. Banca Monte dei Paschi di Siena S.p.A.
Aktienanteil: 2,5 % | Stimmen: 19 (3,53 %) + Beteiligungen 4,6 % | 35 (6,49 %)
Die Banca Monte dei Paschi di Siena S.p.A. ist das drittgrößte Kreditinstitut Italiens und gilt als älteste noch existierende Bank der Welt (Gründung: 1472) mit Sitz in Siena. ISIN IT0001334587
http://de.wikipedia.org/wiki/Monte_dei_Paschi_di_Siena

9. Cassa di Risparmio di Biella e Vercelli S.p.A. – “Biverbanca“
Aktienanteil: 2,10 % | Stimmen: 16 (2,97 %)
Die “Biverbanca“ ist eine mittelständische italienische Bank und operiert hauptsächlich in den Provinzen Vercelli und Biella. Zu 60,42 % im Eigentum der Banca Monte dei Paschi di Siena S.p.A. (siehe 8.).
http://it.wikipedia.org/wiki/Biverbanca

10. Cassa di Risparmio di Parma e Piacenza S.p.A. – “Cariparma“
Aktienanteil: 2,03 % | Stimmen: 16 (2,97 %) Das unter dem Namen Cariparma Crédit Agricole S.p.A. besser bekannte Kreditinstitut gehört zu 75 % zur Crédit Agricole S.A., eine der größten Geschäftsbanken in Europa und Sechstgrößte der Welt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Cr%C3%A9dit_Agricole (Unternehmen)

Ergebnis:
Aktienanteil ohne INPS: 235.242 Aktien (von 300.000) = 78,41 %
Stimmanteil ohne INPS: 282 Stimmen (von 539) = 52,32 %

Fazit:
Die Eigentümerstruktur gewährleistet nicht nur keine Vertretung von öffentlichen, sowie gesamtwirtschaftlichen Interessen, sie gefährdet diese sogar! Neun der zehn größten Aktionäre, die zusammen knapp 80 % der gesamten Anteile halten, haben ein Stimmgewicht von 52,32 %, also die absolute Mehrheit. Nach den Statuten der Banca d’Italia bestimmen die Aktionäre auf der Hauptversammlung den Vorstand (Board of Directors, 14 Mitglieder) und den Aufsichtsrat (Board of Auditors, 7 Mitglieder).

Nach Untersuchung aller – insgesamt 64 – Eigentümer der italienischen Zentralbank ist erkennbar, dass zwei Aktionäre nicht privat sind: das unter 5.) erwähnte INPS, sowie INAIL (nationales Institut für Versicherung gegen Arbeitsunfälle) mit 2.000 Aktien (0,67 %) und 8 Stimmen (1,48 %). Selbst die (regionalen) Sparkassen sind mehrheitlich nicht im Eigentum der Kommune bzw. Region. Wenn man folglich die beiden öffentlichen bzw. nationalen Eigentümer der Banca d’Italia mit zusammen 17.000 Aktien von den insgesamt 300.000 Aktien subtrahiert, wird Folgendes offensichtlich:

Die Italienische Zentralbank ist nur zu 5,67 % in öffentlicher Hand bzw. zu 94,33 % in privater Hand!

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