Freitag , 19 April 2024
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Wer sind die Top-1-%?

world_with_business_peopleDer Slogan der Wall-Street-Besetzer lautet, dass 1 % der Bevölkerung die restlichen 99 % dominiert. Oder beherrscht. Und so wurde bei CNN-News am Sonntag die Frage gestellt: „Wer zum Teufel sind diese 1 %?“. Die Nachrichten-Sprecherin Nicole Lapin wusste die Antwort. Zwar war diese völlig korrekt, doch schoss sie damit am Ziel weit vorbei. Als demagogisches Paradebeispiel griff sie nach statistischen Werten im Bereich der Einkommensverteilung. Auf diese Art stand plötzlich eine Gruppe im Blickfeld, die wohl eher als Mittelstand zu bezeichnen wäre. Bei der Mehrheit der Besserverdiener in diesem Bereich handelt es sich nämlich um Ärzte, Anwälte und Manager, die nichts mit der Finanzbrache zu tun haben.

Warum die namentlich nicht bekannten Organisatoren der OWS-Bewegung (Occupy Wall Street) gerade auf die „Top 1 %“ verweisen mussten, ist nicht ganz klar. Die wahren Entscheidungsträger im großen Spiel der Finanzgiganten entsprechen mit Sicherheit nicht einem von hundert Bürgern. Auch nicht einem von tausend. Es sind einige Dutzend Multimilliardäre (wenn nicht sogar Billionäre) mit einer gewissen Menge von Handlangern.

Zu diesen Handlangern zählen jedoch nicht reguläre Bankangestellte, auch nicht jene auf der mittleren Management-Ebene, sondern eher Männer wie Richard Fuld. Von 1994 an hielte dieser die Position des Hauptgeschäftsführers bei Lehman Brothers inne. Bei Wikipedia wird sein Jahreseinkommen für 2007 mit $ 22,030,534 angegeben. Mehrere Artikel, u. a. bei ABC-News, aus dem Jahr 2008, also nach der spektakulären Pleite der Investment-Bank, verweisen auf sein Einkommen im Jahr des Zusammenbruchs. Auch eine Bank in den Konkurs zu führen kann durchaus mit einem ansehnlichen Bonus belohnt werden. Im Falle von Richard Fuld betrug dieser 484 Millionen Dollar. Allerdings, bei einer Anhörung vor dem US-Kongress beteuerte er, dass aufgrund des Verfalls von Aktienpreisen sein tatsächliches Einkommen ohnehin nur 350 Millionen betrug. (Dieses Wort lässt sich auch mit einem großen „B“ schreiben!) Und bei diesem Skandal handelt es sich keineswegs um einen Einzelfall. Spitzeneinkommen an der Wall Street liegen oft im neunstelligen Bereich.

Stellt sich aber nicht insbesondere bei Richard Fuld die Frage, wie es möglich sein kann, dass ein CEO, der das Unternehmen, mit dessen Führung er betraut wurde, in den Konkurs führt, ein derartiges Vermögen als Abfindung erhält? Wird nicht in so vielen anderen Fällen immer wieder auf die Interessen der Anteilseigener verwiesen? Kann es tatsächlich in deren Interesse liegen, den zumindest Mitschuldigen an der Pleite mit Reichtum zu belohnen?

An eine Antwort können wir uns nur vorsichtig herantasten. Keine Fakten, doch logische Schlussfolgerungen stehen uns zur Verfügung. Zwar ist es nachvollziehbar, dass die Aktien von Lehman Brothers Holdings (LEM.F), die einst um mehr als 50 Euro gehandelt wurden, gerade noch zwei Cent wert sind. Allerdings, ob nicht in den Jahren vor dem Zusammenbruch, als sich auch Lehman Brothers erstklassiger Profite erfreuen durfte, die Milliarden – und vielleicht sogar Billionen – in Zweckgesellschaften, deren Standort sich üblicherweise in Steueroasen befindet, was auch Behörden jegliche Einsicht unterbindet, geflossen sein könnten, darüber kann leider nur spekuliert werden. Doch könnte es vielleicht sein, dass den CEOs der großen Banken deswegen derartige Vermögen überlassen werden, dass sie ihre Insider-Informationen nicht preisgeben?

Ich weiß, derartige Vermutungen zu äußern, fällt sehr leicht in den Bereich der sogenannten Verschwörungstheorien. Doch, was für einen anderen logischen Grund könnte es geben, diesen Männern, bei denen es sich letztendlich um Angestellte handelt, Hunderte Millionen zu überlassen? Würden nicht die besten Köpfe der Welt Schlange stehen, um den gleichen Job für einen Bruchteil solcher Einkommen zu übernehmen? Gibt es irgend eine andere Erklärung als dass es sich um das Entgelt für die Mitwisserschaft bei einem Verbrechen handelt, das jenseits des Wirkungsbereiches aller Gerichte begangen wird? Sollte mich wieder einmal jemand der Verbreitung von Verschwörungstheorien beschuldigen, so lade ich ihn oder sie herzlichst ein, mit einer logischeren Erklärung aufzuwarten.

Doch nun kommen wir zu den Zahlen, die Nicole Lapin zur Verfügung stellte. Sie hielt sich exakt an diesen Prozentsatz: Einer von hundert. Und sie nahm nicht die Vermögen als Basis, sondern die Jahreseinkommen. Dabei stellte sich heraus, dass die Top-1-% in den Vereinigten Staaten durchschnittlich $ 343.000 pro Jahr verdienen. 31 % davon finden sich in Management-Positionen außerhalb des Finanzsektors. 16 % sind Ärzte und 9% Rechtsanwälte. Das Durchschnittseinkommen der Wall-Street-Angestellten betrage dabei nur $ 311.000. Sie gehören somit gar nicht der Gruppe der Spitzenverdiener an.

Es mag sein, dass es der Mehrzahl der CNN-Fans an Intelligenz oder Wissen fehlt, um die Lächerlichkeit dieser Zahlenangaben zu durchschauen. Auch gibt es Gerüchte, dass hinter der OWS-Bewegung kommunistische Ideologie stecken könnte, im Sinne einer Umverteilung innerhalb der Ebenen von Mittelstand und Armut. Dass es einzelne Menschen gibt, die Millionen verdienen, gefährdet nicht unser Finanzsystem. Die Ansammlung von Billionen von Euro in den Händen Weniger, diese Machtkonzentration ist zu verurteilen.

Billionen? Verfügt der reichste Mann der Welt, Carlos Slim Helú, denn nicht gerade über 74 Milliarden US-Dollar? Ja, so erklärt es das Forbes-Magazin. Doch wenn es den Behörden nicht gelingt, an Informationen aus Jersey, den Kaiman-Inseln, den Britischen Jungferninseln, den Bahamas und einigen anderen Steueroasen heranzukommen, als wie verlässlich dürfen wir dann die Angaben von Forbes beurteilen?

Dr. James Glattfelder und zwei seiner Kollegen von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich belegten in einer kürzlich veröffentlichten Studie, dass es weltweit nicht mehr als 147 Unternehmen, vorwiegend Banken und Versicherungen, sind, die 40 % der Weltwirtschaft kontrollieren. Dabei tauchen immer wieder Namen wie Barcalays, Vanguard Group, FMR-Corporation oder State Street Corporation auf. Jetzt ginge es bloß darum herauszufinden, welche Personennamen sich hinter diesen Giganten verbergen. Doch hier muss auch ich leider passen. Zwar gibt es eine ganze Menge von Spekulationen, doch belegbar sind die Besitzverhältnisse auf dieser Ebene keineswegs. Vermutlich aus gutem Grund.

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