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Mario Draghi, Goldman Sachs und die Europäische Zentralbank

An Erfahrung mangelt es Mario Draghi gewiss nicht, um die Position des Präsidenten der Europäischen Zentralbank zu bekleiden. Nach seiner herausragenden Ausbildung, sammelte der mittlerweile 63-Jährige Erfahrungen bei der Weltbank, bei der Italienischen Zentralbank, bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich – und bei Goldman Sachs, der weltgrößten Spekulations-, pardon, Investitionsbank. Gegen Vorwürfe, sich in seiner dortigen Position für die katastrophale Finanzlage Griechenlands mitschuldig gemacht zu haben, konnte sich Draghi erfolgreich zur Wehr setzen. Mit Sicherheit verdient er genauso viel Vertrauen wie das derzeitige Bankensystem in seiner Gesamtheit.

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(Von links nach rechts: Dominique Strauss-Kahn, ehemaliger Direktor des IWF, Jean Claude Trichet, derzeitiger EZB-Präsident, und sein Nachfolger Mario Draghi – aufgenommen am 3. Oktober 2009 in Istanbul, anlässlich des Treffens der G-7-Staaten.)

„Mario Draghi zählt zu den am besten vernetzten und einflussreichsten Finanzexperten der Welt“, formulierte es der Tagesspiegel und traf dabei mit Sicherheit den Nagel auf den Kopf. Nach dem Besuch der renommierten Jesuitenschule Istituto Massimo, studierte er zuerst Wirtschaftswissenschaften in Rom und danach am Massachusetts Institute for Technology (MIT) in Boston. Neben seinem Lehramt an der Universität von Florenz, zählte er von 1984 bis 1990 zu den Direktoren der Weltbank. Von 1991 bis 2001 nahm er die Position des Generaldirektors des italienischen Schatzamtes ein. In seiner derzeitigen Position als Chef der Italienischen Zentralbank, Banca d’Italia,  gehört er gleichzeitig dem Vorstand der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel an.

Von 2002 bis 2005 war Mario Draghi stellvertretender Vorsitzender und geschäftsführender Direktor von Goldman Sachs.

Der französische Politiker (Die Grünen) und Journalist Pascal Canfin, der 2009 ins Europäische Parlament gewählt wurde, hatte Mario Draghi beschuldigt, in griechische Finanzmanipulationen verwickelt gewesen zu sein. In der fraglichen Zeit hatte Goldman Sachs mittels Währungs-SWAPS, wobei es sich um äußerst komplizierte und hochspekulative Derivate handelt, dazu beigetragen, die schon damals gegebene Überschuldung Griechenlands zu verschleiern. Draghi rechtfertigte sich insofern, dass er glaubhaft machen konnte, dass diese Geschäfte schon vor seinem Eintritt bei Goldman Sachs vorbereitet waren und er selbst nichts damit zu tun gehabt hatte (Wikipedia, engl.).

Nur selten wird der Öffentlichkeit Einblick in die mysteriösen Finanztransaktionen von Goldman Sachs geboten. Wie von The Intelligence im Vorjahr berichtet, wurde die Investmentbank von einem New Yorker Zivilgericht zu einer Strafe von 550 Millionen Dollar verurteilt. Grund dafür war eine Absprache zwischen einem leitenden Angestellten namens Fabrice Tourre und dem Spekulanten John Paulson. Während Goldman Sachs seinen Anlegern weiterhin empfohlen hatte, in amerikanische Hypothekardarlehen zu investieren, spekulierte Paulson dagegen, was zumindest Teilweise für das Platzen der sogenannten Immobilienblase verantwortlich war. Insider gehen davon aus, dass Paulson an diesem Deal rund 10 Milliarden Dollar verdiente. Sein derzeitiges Vermögen, laut Forbes, beträgt 16 Milliarden. Strafrechtliche Verfolgung, wegen des Verdachts des Betruges, wurde bis dato keine eingeleitet.

Dass der neue Präsident der Europäischen Zentralbank, der im November seine Position antreten wird, aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen bei Goldman Sachs, auch mit den kompliziertesten Spekulationsinstrumenten vertraut ist, sollte grundsätzlich zu begrüßen sein. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er dieses Wissen dazu nutzt, im besten Interesse Europas, und damit meine ich, der Bevölkerung Europas, zu arbeiten. Ob ein Vollblut-Banker dazu fähig ist, den Zielen der Finanzelite zuwider zu handeln, diese Frage gilt es aber noch zu beantworten.

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