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Griechenland bleibt uns erhalten – ebenso wie das Schuldenmonster

Die ersten Meldungen über den möglichen Ausgang der griechischen Wahlen klangen spannend. Sobald sich herausstellte, dass der pro-europäische Antonis Samaras Sieger sein werde, erschienen sogleich Berichte über die positive Stimmung an den Märkten, zuerst in Asien, dann in Europa. Doch rasch klang die anfängliche Euphorie wieder ab. Forderungen an Griechenland verbleiben halt weiterhin als Aktiva in den Bilanzen. Das Schuldenproblem ist dadurch aber noch lange nicht gelöst. Nicht für Griechenland, nicht für Europa, nicht für die gesamte westliche Welt.

„Euro oder Nichteuro“, diese Frage stellte sich für die griechischen Wähler. Dass sich das Volk für einen Verbleib in der Eurozone entschieden hätte, dabei handelt es sich um nichts anderes als eine der gewohnten Floskeln im Zeitalter sogenannter Demokratie. 30,1% der Wähler gaben ihre Stimme den Konservativen, 26,6% dem Linksbündnis Syriza. Als dritte Partei folgte die gemäßigte sozialistische Pasok mit 12,3%.

Von Befürwortern der gemeinsamen europäischen Währung wird dieses Ergebnis willkommen geheißen. Reuters schrieb sogar in der Schlagzeile, dass die Welt aufatme. Das war am Montag, um 15:39 Uhr. Ob diese Entwicklung für die Mehrzahl der Bewohner der „Welt“ wirklich als günstig einzustufen ist, darüber ließe sich lange diskutieren. Doch nicht einmal die Märkte hielten am anfänglichen Optimismus fest. Zwar eröffnete die Frankfurter Börse deutlich höher als am Freitag, der DAX notierte am frühen Morgen bei 6.316,14 Punkten, büßte im Laufe der Handelsstunden jedoch praktisch den gesamten Gewinn wieder ein. Der Schlusskurs: 6.248,20, ein Plus zur Vorwoche von 0,30%. Der Handel in New York beginnt aufgrund der Zeitverschiebung um einige Stunden später. So eröffnete der Dow Jones sogleich etwas niedriger als zum Schlusskurs am vergangenen Freitag und hielt sich noch am frühen Nachmittag knapp im negativen Bereich.

Doch wie sieht die Zukunft Europas – und insbesondere dessen gemeinsamer Währung – nun tatsächlich aus?

Die gesamte Wirtschaftsleistung der Europäischen Union betrug im Jahr 2011 15,4 Billionen Dollar.

Nicht mehr als 2% ($ 308,3 Mrd.) entfallen davon auf Griechenland. Bedenken wir, welche Kopfzerbrechen die angespannte Finanzlage Griechenlands dem Rest der Eurozone bereitet, ein Land, dessen Wirtschaftsvolumen nicht mehr als einem Fünfzigstel der EU entspricht, so lässt sich sehr leicht vorstellen, wie tragisch sich die Lage entwickeln wird, wenn auch noch andere Länder nach Geldern aus dem Rettungsschirm langen werden. Zypern mag dabei weniger ins Gewicht fallen (BIP 2011: $ 23,8 Mrd.). Die öffentlichen Schulden Spaniens liegen mit rund 70% des BIP zwar noch deutlich niedriger als in Deutschland oder gar Italien, doch zeigen die extrem hohen Arbeitslosenzahlen, dass die wirtschaftliche Struktur Spaniens in der gegebenen Form nicht erhalten werden kann. Gigantische Bauprojekte ohne Absatz dienten über Jahre hinweg der Stimulation, doch dieser Bogen scheint mittlerweile überspannt zu sein. Das Bruttoinlandsprodukt Spaniens ist knapp fünfmal höher als das von Griechenland. Wie viel wird es letztendlich kosten, Spanien als Euroland zu erhalten?

Italien weist alle Gerüchte, dass es bald auf Unterstützung angewiesen sein könnte, kategorisch zurück. Italien ist seit langem deutlich höher verschuldet als die meisten anderen europäischen Länder, und zwar mit 120% des BIP. Innerhalb Europas wird dieser Wert nur von Griechenland (165%) übertroffen. Die Zinsen für italienische Staatsanleihen kletterten mittlerweile auf bis zu 7%. Die Wirtschaftsleistung Italiens übertrifft jene Spaniens sogar noch um weitere 400 Milliarden Dollar. Wenn Italien eines Tages Hilfsleistungen benötigen wird, was durchaus zu erwarten ist, dann wird es erst richtig teuer.

Und nun werfen wir einen kurzen Blick auf die Entwicklung der deutschen Staatsschulden während der vergangenen 50 Jahre.

staatsverschuldung deutschland 2010 570

Wenn ein Unternehmen mit Fremdkapital arbeitet, was fast immer der Fall ist, dann stehen die Verbindlichkeiten in Relation zu den Umsätzen. Auch wenn die Kosten für die Zinsen letztendlich vom Konsumenten getragen werden, so werden sie immerhin doch von den Einnahmen gedeckt. Staaten sind aber nicht produktiv. Wenn Staaten nicht über gewinnbringende Staatsbetriebe oder nennenswerte staatseigene Rohstoffvorkommen verfügen, dann lässt sich kurzerhand sagen, dass Staaten keine Einnahmen verzeichnen. Außer jenen Geldern, die den Bürgern in Form von Steuern entzogen werden.

Während der vergangenen 50 Jahre mussten praktisch alle Staaten der westlichen Welt auf Fremdmittel zurückgreifen, um das Rad der Wirtschaft in Schwung zu halten. Heute ist die Obergrenze erreicht – und in einigen Fällen bereits überschritten.

Länder wie Griechenland, Portugal und Irland sind nicht mehr fähig, die Zinsen für die öffentlichen Schulden zu begleichen. Spanien und Italien werden in naher Zukunft folgen. Ungeachtet dessen, dass in Deutschland bereis jeder sechste Bürger als „armutsgefährdet“ gilt, hat dieses Land den größten Brocken der Hilfsleistungen zu übernehmen.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal ausdrücklich daran erinnern, dass Sparmaßnahmen, also weniger Geld in den Händen der Bürger, das Wirtschaftsvolumen zwingend reduzieren. Eine Menge Menschen würden gerne mehr konsumieren, doch es fehlt an Geld. Eine Menge Menschen würde gerne mehr arbeiten, also produzieren. Doch es fehlt am Absatzmarkt. Dem Kreislauf Geld zu entziehen, um den Finanzsektor zu befriedigen, und gleichzeitig darauf zu hoffen, dass die Wirtschaft neu in Schwung geraten könnte, ist völlig absurd. Es ist genauso unmöglich wie während einer Fastenkur an Gewicht zuzunehmen.

Für das Spiel, das gerade in Europa praktiziert wird, gibt es nur eine einzige mögliche Erklärung: Es geht darum, die noch vorhandenen Reste von Volksvermögen dem Finanzsektor zu übertragen. Schon der britische Ökonom David Ricardo (1772 – 1823) formulierte es mit folgenden Worten: „Staatsverschuldung ist eine der schrecklichsten Geißeln, die jemals zur Plage einer Nation erfunden wurden.“ Und alle Konzepte, die erdacht wurden, um diese Geißel zu rechtfertigen und voranzutreiben, dienten von Anfang an ausschließlich den Interessen der Herrscher über den Finanzsektor.

Staatsschulden lassen sich, wie schon erwähnt, nicht mit Unternehmensverbindlichkeiten vergleichen, sondern eher mit Privatschulden. Letztendlich sind es ja auch die Bürger, die mit ihren bescheidenen Einkommen zur Verantwortung gezogen werden. Was macht ein ganz gewöhnlicher Mensch nun, wenn er feststellt, dass er es nicht mehr schafft, seinen Verbindlichkeiten nachzukommen? Er meldet Konkurs an.

Was spräche also dagegen, dass auch Staaten, Deutschland eingeschlossen, diesen Schritt in Erwägung ziehen? Lange hat der Finanzsektor durch die Schuldenpolitik ungeahnte Vermögen angehäuft. Sollten wir uns tatsächlich um den Fortbestand dieser Elite sorgen?

Bei einem Konkurs werden verfügbare Werte, sofern noch vorhanden, den Gläubigern zur teilweisen Befriedigung ihrer Forderungen übertragen. Welches ist der größte Wert, über den ein Staat verfügt? Sind es Staatsbetriebe? Sind es öffentliche Einrichtungen, die noch nicht privatisiert wurden? Rohstoffe? Ländereien?

Der mit Abstand größte Wert innerhalb eines Staates ist das sogenannte „Humankapital“. Es ist die Arbeitskraft der Bürger, die Monat für Monat, Tag für Tag genützt wird, und die nur zum geringeren Teil dem Menschen selbst zugute kommt.

Nach einem abgeschlossenen Konkursverfahren ist die Bilanz des Betroffenen auf null gestellt. Die Möglichkeit für einen Neustart steht ihm offen.

Doch das Geld- und Wirtschaftssystem, dem wir unterworfen sind, zeigt überhaupt kein Interesse daran, den Menschen einen neuen Anfang zu ermöglichen. Zwar wurde der Bürger niemals in Kenntnis gesetzt, wie das System, wie Schuldgeld wirklich funktioniert, doch nach demokratischen Richtlinien gilt er als verantwortlich. Und es wird erwartet, dass er auf alle Zukunft seine Arbeitskraft und jene seiner Kinder und Kindeskinder dafür opfert, für diese Erbschuld zu bezahlen. Und keine Rede kann von Schuldenabbau sein. Das ginge ja gar nicht, denn wären alle Schulden bezahlt, gäbe es auch kein Geld mehr. (Eines der Geheimnisse, die dem Bürger seit jeher vorenthalten werden.)

Eines Tages, nächste Woche, im Laufe dieses Jahres, im Laufe der nächsten zehn Jahre, eines Tages muss und wird dieses System zusammenbrechen. Doch Sie können sich darauf verlassen, dieser Zusammenbruch wird ebenso kontrolliert vonstatten gehen wie der Abriss von WTC 7, jenem Gebäude in New York, das am 11. September 2001 von keinem Flugzeug beschädigt, den Worten von Eigner Larry Silverstein zufolge, jedoch willentlich zum Einsturz gebracht wurde („Let’s pull it!“). Die Regeln der „freien Märkte“, die Grundprinzipien des Kapitalismus führen dazu, dass konzentriertes Kapital immer mächtiger, immer einflussreicher und immer unersättlicher wird. Und der Mensch, der sich in seinem Innersten mit allen Mitteln dagegen wehrt, seine eigene Knechtschaft – anders formuliert: Zinsknechtschaft – zu erkennen, ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Kapitals.

Wäre sich ein nennenswerter Teil unserer Mitmenschen dieses Umstandes bewusst, würde dies gleichzeitig das Ende der Kapitalherrschaft bedeuten. Denn selbst jene Schergen, die von den wahren Machthabern dieser Welt mit Waffen ausgestattet werden, um deren System im Notfall mit allen Mitteln zu verteidigen, sind Menschen aus unserer Mitte. Würden sie erkennen, für welch brutales Spiel sie sich zur Verfügung stellen, würden sie rasch die Seiten wechseln.

Doch leider sind wir davon noch weit entfernt. Und die Wenigen, die erkennen, wie „Weltmonopoly“ gespielt wird, werden von der Mehrheit als Spinner und als Verschwörungstheoretiker belächelt. Und nachdem jedem seine eigene Haut am nächsten liegt, verkauft er sich eben an dieses System und freut sich, dass er immerhin noch einen Job hat; hofft, dass er nicht ins unterste Sechstel abrutscht; glaubt den Unsinn, dass sich die Wirtschaft erholen wird und es eine systemkonforme Lösung für die Schuldenkrise gibt.

Absolut nichts ändert das Wahlergebnis in Griechenland an der gegebenen Situation. Und nichts hätte es verändert, hätte die Mehrzahl der Griechen sich anders entschieden. Die Würfel sind schon lange gefallen! Und ob die Zahl der Menschen, die dies erkennen, ganz plötzlich rapide einsteigen könnte, lässt sich – leider – durchaus bezweifeln. Es würde mich aber freuen, vom Gegenteil überzeugt zu werden.

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