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Stickoxide: Das Problem wird immer schwerwiegender

In vielen Deutschen Städten sorgt das hohe Verkehrsaufkommen für steigende Stickoxidwerte. Seit dem VW-Abgasskandal ist klar, dass nicht alle Autos so umweltfreundlich sind, wie ihre Hersteller angeben. Es reicht nicht aus, Automobile mit Fahrverboten aus Städten fernzuhalten; weitere Lösungen sind nötig, um die Stickoxidwerte gering zu halten. Eine solche Maßnahme könnte die Verwendung eines speziellen Betonzusatzstoffes sein.

Anfang Oktober 2016 wurde auf der zweitätigen Verkehrsministerkonferenz die Blaue Plakette heiß diskutiert. Sie soll Dieselautos aus Deutschlands Innenstädten vertreiben, damit die Schadstoffbelastung sinkt. Einige Bundesländer freuen sich über den Vorschlag, andere sehen durch die neue Regelung ihre Wirtschaft einbrechen.

Doch drastische Maßnahmen sind vonnöten. In vielen deutschen Städten werden die Grenzwerte für Stickstoffdioxid zur Hauptverkehrszeit morgens und nach Feierabend überschritten. Drei bedeutende Problemstellen sind die Max-Brauer-Allee in Hamburg, die Münchner Landshuter Allee sowie das Neckartor in Stuttgart. Die Auswirkungen sind verheerend: Laut Marcel Langner vom Umweltbundesamt sterben in Deutschland jährlich 10.000 Menschen frühzeitig aufgrund von Stickstoffdioxid-Emissionen, wie er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk erklärt.

Saubere Oberflächen für Deutschlands Städte

Auch wenn die Einführung der Blauen Plakette vielen Städten helfen würde, sind die Auswirkungen eines Fahrverbots für Dieselfahrzeuge ein wirtschaftliches Problem. Deshalb müssen weitere Lösungen analysiert werden.

Eine davon ist der Stickoxidabbau mithilfe des Betonzusatzstoffes Photoment. Die Erfindung hat die Jury der GreenTec Awards begeistert; diese hat dem Zusatzstoff mit einem Award im Bereich Urbanisierung belohnt.

Das Prinzip des feinkörnigen Pulvers ist simpel: Es wird bei der Produktion von Betonwaren eingesetzt. Wenn natürliches oder künstliches Licht auf das Betonprodukt einwirkt, entsteht eine photokatalytische Reaktion, welche Stickoxide in Nitrat umwandelt. Letzteres ist in geringen Mengen nicht schädlich und gelangt beim nächsten Regenfall ins Grundwasser.

Die möglichen Einsatzbereiche für den Betonzusatzstoff sind grenzenlos: Von Dachsteinen über Fassadenputze bis hin zu Sichtschutzwänden an der Autobahn – jedes Produkt, welches aus Beton besteht, kann mit Photoment kombiniert werden.

Stickoxid in Städten

Luftprobleme in Deutschland größer als gedacht

Lösungen wie der Betonzusatzstoff Photoment zeigen, dass es umsetzbare Möglichkeiten für den Stickoxidabbau gibt. Doch seit Jahren gibt es kein konkretes Programm für die Implementierung gesundheitsfördernder Maßnahmen – und die Zeit wird immer knapper, wie eine Greenpeace-Studie zeigt. Deutschlands Städte haben ein größeres Luftproblem, als bisher angenommen.

Die Umweltschutzorganisation führte in Zusammenarbeit mit dem Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg Stickstoffdioxid-Messungen in zwölf deutschen Städten aus: Augsburg, Dortmund, Düsseldorf, Esslingen, Frankfurt, Freiburg, Köln, Mainz, München, Stuttgart, Tübingen, Wiesbaden.

Gemessen wurde sowohl stationär als auch per Fahrrad. Von den bundesweit 125 ausgeführten Messungen überschritt jede Zweite den Grenzwert. Diese Überschreitungen traten nicht nur an Messpunkten mit starkem Verkehr auf, auch im städtischen Hintergrund wurde bei jeder zehnten Messung der Grenzwert überschritten.

Die Studie von Greenpeace deckt ein weiteres Problem auf: Die Umweltmessstationen verschönern die Abgasprobleme deutscher Städte. Nachfolgend einige Beispiele aus der Greenpeace-Studie:

StadtJahresmittelwert GreenpeaceJahresmittelwert UmweltmessstationÜbersteigung in %
Dortmund[1]72,9 bzw. 71,7 μg/m349,0 μg/m349 bzw. 46 %
Düsseldorf[2]104,3 bzw. 86,2 μg/m359,0 μg/m377 bzw. 46 %
Wiesbaden[3]115,5 bzw. 98,6 μg/m353,0 μg/m3118 bzw. 86 %

Es wird klar, dass die Messstationen entweder schlecht positioniert oder nicht in ausreichender Anzahl vorhanden sind, um ein genaueres Ergebnis zu liefern.

Auch Fahrradfahrer sind in deutschen Städten stark belastet, was mit ihrer Nähe zum Verkehr zu begründen ist. Die Belastung liegt durchschnittlich zwischen 47 und 107 μg/m3; kurzzeitig überstiegen die Werte 200 μg/m3 – Experten zufolge ist diese Konzentration giftig.

Landflucht könnte die Stickoxidwerte verschlimmern

Wären die aktuellen Stickoxidwerte nicht bereits besorgniserregend genug, könnten sie in Zukunft noch höher ausfallen. Wie Vogelschwärme ziehen junge Leute, überwiegend zwischen 21 und 30 Jahren, in größere Städte. Dort mieten sie eine Wohnung in der Nähe ihrer Universität; danach haben sie gute Chancen, einen Job zu finden.

Mit diesem Problem steht Deutschland nicht alleine dar: Laut der Publikation Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte werden in den kommenden 35 Jahren bis zu drei Milliarden Menschen den Umzug in die Stadt vollbringen.

Welche Auswirkungen das haben könnte, kann man bereits heute sehen, wenn man einen Blick auf Städte wie Mumbai, Mexico City oder Dakar wirft. Die Slums der Metropolen wachsen, die ländlichen Regionen sind immer schwacher besiedelt – und im selben Zug wächst die Abgasbelastung. Ein Blick auf die Weltkarte der World Health Organization zeigt das Ausmaß von Ballungszentren in vielen Städten Asiens und Südamerikas. Die orangefarbenen Punkte sind auch in Deutschland zu sehen. In Zukunft könnten sie größer werden und eine rötliche Farbe annehmen.


  1. Umweltmessstation Brackeler Straße
  2. Umweltmessstation Corneliusstraße
  3. Umweltmessstationen Ringkirche und Schiersteiner Straße

Bildernachweis:
Titelbild – Urheber: sauvignon / 123RF Lizenzfreie Bilder
Frankfurt – Urheber: meinzahn / 123RF Lizenzfreie Bilder

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