Dienstag , 19 März 2024
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Hungerlohn Land Deutschland: Wie Tarife & Mindestlohn ausgehebelt werden

Arme Menschen im reichen Land, diese Worte gehen vielen Menschen im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktpolitik durch den Kopf. Wo verdienen Sie heute noch gut? Fakt ist, als Arbeitnehmer in Deutschland können Sie mit Ihrem Einkommen nicht auskommen, wenn Sie nicht gerade Manager sind oder ein eigenes Unternehmen in einer Nische gegründet haben. In den Nachrichten hören Sie nichts von dieser Misere, denn dort wird von einer verbesserten Marktlage, einem wirtschaftlichen Aufschwung und immer weniger Arbeitslosen gesprochen.

Sicherlich, die Arbeitslosenquoten sind gesunken. Dies konnte aber nur geschehen, weil die Bilanzen weder in Altersarmut lebende Rentner, sowie Arbeitnehmer mit Billiglohn aufzeigen und keine Aufstocker erwähnen. Würden alle Menschen, die ohne einen Zuschuss vom Amt nicht einmal ihre Miete zahlen und über die Armutsgrenze gelangen würden, aufzeichnen, sähe die Bilanz weitaus weniger geschönt und ziemlich erschreckend aus.

Armes Deutschland – trotz Erhöhung des Mindestlohnes keine Besserung in Sicht

Der vielfach geforderte Mindestlohn liegt bei 8,50 Euro. Doch wer, wenn Sie ehrlich sind und auf Ihr eigenes Konto schauen oder sich im Freundeskreis umsehen, verdient ihn wirklich. Die Tarifverträge gelten in einigen Unternehmen nur für die Stammbelegschaft, während neue Arbeitnehmer, Zeitarbeiter oder Mini-Jobber für gleiche Arbeitsleistung weitaus weniger Geld erhalten.

Bezeichnungen wie Outsourcing und Zeitarbeit, Werkvertrag oder Mini-Job sowie Multi-Job, sollten hellhörig machen und zeigen Ihnen, wie es in Deutschland wirklich aussieht.

Früher galt das Multi-Jobbing als amerikanische Methode, doch auch in Deutschland müssen immer mehr Menschen mehr als einen Job annehmen und können sich trotzdem dem Zuschuss vom Amt nicht entziehen. Als Billiglöhner erhalten Sie weniger als die Hälfte des regulären Tariflohnes, obwohl Sie nicht weniger oder gar schlechtere Arbeit leisten. Unter dem Strich betrachtet könnte man die ellenlangen Debatten um den Mindestlohn als gescheitert betrachten, da es für Unternehmen zahlreiche Schlupflöcher gibt, um der Gesetzgebung aus dem Weg zu gehen und weiterhin weniger Lohn zu zahlen.

Studien haben ergeben, dass rund 1,4 Millionen Menschen nicht mehr als 5 Euro in der Stunde verdienen und ohne die Aufstockung von Hartz 4 trotz Arbeit nicht von ihrem Einkommen leben könnten. Es gibt kaum noch Arbeitsverträge, die in einer Festanstellung in Vollzeit geschlossen und mit einem entsprechenden Lohn angeboten werden.

Durchschnittslohn in Deutschland
5,- Euro Durchschnittslohn in Deutschland / Bild: blickpixel – Pixabay.com/de

Festanstellung vs. Niedriglohn-Jobs

Der Grundgedanke war gut, doch in der Praxis ist er leider nicht durchsetzbar. Die Rede ist vom Mindestlohn, über den sich zahlreiche viel zu gering verdienende Arbeitnehmer in Deutschland freuen würden. Doch anstelle 8,50 pro Stunde zu zahlen, nutzen Arbeitgeber verschiedene Sprungbretter zur Umgehung der Tarife. Lehnt ein Arbeitnehmer einen Job unter dem Mindestlohn ab, zuckt der Arbeitgeber nur mit den Schultern und weiß, dass in der Schlange der Bewerber zahlreiche weitere Interessenten anstehen und kein Problem damit haben, auch unter Tarif zu arbeiten. Dementsprechend werden Festanstellungen immer seltener und das Outsourcing, sowie Mini-Jobs boomen. Vor allem Jobangebote, in denen der Arbeitgeber keine Sozialabgaben für seine Angestellten entrichten muss und diese einspart, sind in den Jobbörsen und auch bei der Arge reichlich zu finden. Dabei fällt auf, dass es nicht die kleinen Unternehmen, sondern große milliardenschwere Konzerne sind, die bevorzugt auf Mini-Jobber und Leiharbeiter zurückgreifen, anstatt eine Fachkraft zu einem adäquaten Gehalt anzustellen.

Geht ein Arbeitgeber keinen direkten Vertrag mit einem bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer ein, stellt auf Zeit ein oder nutzt sogenannte Werkverträge, kann sich der Arbeitgeber freuen und der Arbeitnehmer muss mit einem geringen Gehalt leben. Da auch die Arge nicht ohne weiteres aufstockt, sehen sich vor allem Frauen immer häufiger gezwungen, zwei oder mehr Mini-Jobs anzunehmen und diese neben ihrer Familie und dem Haushalt zu erledigen. So lange Menschen nicht von ihrem Einkommen leben können, wird sich Deutschland weiter als Hungerlohn-Land präsentieren und es ist damit zu rechnen, dass auch in Zukunft immer mehr Menschen mit Hartz 4 aufstocken müssen.

Durch mehr Festanstellungen und eine Orientierung an Tarifverträgen würde sich dieses Problem klären und eine Basis geschaffen, die Arbeit wieder wertschätzt und den Menschen, Sie als Angestellten oder Arbeitnehmer, nicht länger als Ressource sieht und sprichwörtlich ausbeutet.

Kein steigendes Gehalt trotz Mindestlohn
Die meisten Arbeitnehmer sehen keinen Aufwärtstrend beim Gehalt / Bild: PublicDomainPictures – Pixabay.com/de

Nur auf dem Finanzmarkt stimmen die Zahlen

Am Fließband und in der Produktion, im Handel, in der Dienstleistung und selbst in der Pflege werden Menschen unterbezahlt. Praktisch in allen Berufen, die für die Gesellschaft und den Einzelnen wichtig sind, lässt sich in der heutigen Zeit in Deutschland kaum gutes Geld verdienen. Anders verhält es sich in der Finanzbranche, in Maklertätigkeiten und bei Versicherern. Doch sollte das Ziel einer neuen Orientierung nicht sein, dass alle Menschen bevorzugt in die Finanzwirtschaft gehen und eine Tätigkeit ausüben, die nicht zu ihrem Naturell und den persönlichen Vorstellungen vom Beruf, der eine Berufung ist, passen.

Die geringere Arbeitslosenquote in Deutschland hat ihre Schattenseiten, die Sie nicht unterschätzen dürfen. Denn auch wenn immer mehr Menschen in Arbeit sind, heißt das nicht, dass diese Menschen für ihre Tätigkeit auch eine wirkliche Entlohnung erhalten. Selbst der Begriff Lohn ist in diesem Zusammenhang beinahe sarkastisch, da es bedeuten würde, dass Sie nicht mehr verdient haben und entsprechend Ihrer Arbeit belohnt werden.

Da Tarifgesetz benötigt eine Umstrukturierung, in der Schlupflöcher nicht länger die Möglichkeit zur Umgehung der Gesetzgebung führen können. Jeder Bug in der IT-Branche wird umgehend behoben, doch der Bug in der Menschenwürde scheint bisher nicht wirklich zu interessieren.

Titelbild: Urheber: gopixa / 123RF

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