Samstag , 20 April 2024
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Abbruch diplomatischer Beziehungen: Der nächste Schritt in den Krieg

iran embassy ottawaDie Kriegstrommeln erklingen seit Jahren. Doch plötzlich erschallen sie lauter und bedrohlicher denn je. Immer mehr Details verweisen auf einen tatsächlich nahe bevorstehenden Angriff auf den Iran. Israel weiht die Öffentlichkeit in seine grausame Strategie ein. Meldungen über eine Annäherung zwischen Iran und Nordkorea, einem Land, das vermutlich bereits über Atomwaffen verfügt, gehen durch die Weltpresse. Gerüchte über die Einstellung der USA tauchen auf und werden sogleich widerrufen. Und jetzt tritt plötzlich Kanada auf die Bühne: Die Botschaft in Teheran wurde kurzerhand geschlossen und alle iranischen Diplomaten des Landes verwiesen.

Genaugenommen haben die Vereinigten Staaten dem Iran schon lange den Krieg erklärt. Einen Wirtschaftskrieg. Der Satz mag brutal klingen, doch was besagt ein Handelsembargo, zu dem auch noch andere Staaten genötigt werden? Im Falle des Iran geht es natürlich um das wichtigste Exportprodukt: Erdöl. Und wie lautet die Botschaft: „Kauft nicht bei Persern!“

Über die Möglichkeiten der Herstellung nuklearer Waffen im Iran wurde bereits endlos berichtet. Die Meinungen sind schon lange vorgeformt. Dass andere Staaten in der Region, China, Pakistan und Indien, schon lange über Atomwaffen verfügen, wird nicht als Bedrohung der Weltsicherheit erachtet. Dass Israel, jenes Land, das zu großer Wahrscheinlichkeit einen Erstschlag, auch Angriffskrieg genannt, vorbereitet, über hunderte nuklearer Sprengköpfe verfügt, ist schon lange kein Geheimnis mehr – und wird auch von Israel nicht bestritten.

Dass der Öffentlichkeit gegenüber genau derselbe Anlass vor dem Überfall auf den Irak vorgelogen wurde, nämlich das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen, ist allgemein bekannt. Doch niemand verlangt nach Erklärungen. Niemand fordert eine Anklage wegen Kriegsverbrechen. Die Schuldigen, an deren Händen das Blut von zumindest einer Million Menschen klebt, wurden bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen.

Hin und wieder tauchen Anschuldigungen auf, die entweder restlos ignoriert werden oder beiläufig Erwähnung finden. Erst kürzlich verlangte der südafrikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, dass Bush und Blair vor Gericht gestellt werden. Der Spiegel berichtete darüber, veröffentlichte aber gleichzeitig eine unkommentierte Stellungnahme des ehemaligen britischen Premierministers Tony Blair: „Der Irak sei nun ein blühenderes Land als unter Saddam Hussein. Hussein habe Hunderttausende seiner Bürger ermordet; zu behaupten, das sei unerheblich für die moralische Rechtfertigung seines Sturzes, sei ‚bizarr‘.“

Wer Näheres über die chaotischen Zustände, die nun im Irak herrschen, erfahren möchte, Al-Jazeera strahlte den ausführlichen Bericht eines Journalisten aus (englisch), der das Land nach Abzug der amerikanischen Truppen bereiste. Dass Saddam Hussein „Hunderttausende“ seiner Bürger ermordet hätte, ist ebenfalls eine Lüge. Zweifellos ging er mit übertriebener Härte gegen Kurdenaufstände und gegen politische Gegner vor. Es waren aber mit Sicherheit nicht „Hunderttausende“. Doch dass den Angriffen, die überwiegend durch die USA und Großbritannien durchgeführt wurden, mehr als eine Million Zivilisten zum Opfer fielen, dass die Umgebung von Falludschah mit Phosphor und Uran verseucht wurde, dabei handelt es sich um nachweisbare Tatsachen. Es wäre wünschenswert, wenn Nachrichtenquellen wie Der Spiegel, die Wert auf ihre Seriosität legen, auch darauf hinweisen würden.

Und so sieht es mit allen Kriegen aus, die seit Beginn des neuen Jahrtausends begonnen wurden. Bei den der Öffentlichkeit gegenüber gegebenen Anlässen handelte es sich immer um Lügen. Afghanistan sei angegriffen worden, um Osama Bin Laden zu finden. In Libyen sei die Bevölkerung vor den Regierungstruppen beschützt worden, und zwar durch Zigtausende Bomben- und Raketenangriffe, während sich in Tripolis zumindest eine Million Menschen einfanden, um ihrer Unterstützung für Oberst Muamar Gaddafi Ausdruck zu verleihen.

Und nun geht es um den Iran. Israel, von der westlichen Welt unterstützt, behauptet, der Iran stelle eine Bedrohung dar. (Der Iran behauptet, Israel stelle eine Bedrohung dar!) Völlig „unbeabsichtigt“ sickerten die israelischen Angriffpläne an die Öffentlichkeit. Ein massiver Schlag nicht nur gegen militärische Einrichtungen, sondern gegen die gesamte Infrastruktur des Landes. Eine Zerstörung aller Elektronik und aller Stromleitungen – wie es durch eine in großer Höhe gezündete Atombombe leicht zu bewerkstelligen ist (elektromagnetischer Puls). Über die Auswirkungen auf die Bevölkerung der Städte darf jeder selbst nachdenken, auch wenn sie nicht sogleich durch Bomben und Rakteten ums Leben kommen. Der Tod folgt etwas langsamer, qualvoller.

Dass Israel einen Angriff gegen den Iran noch vor den US-Wahlen am 6. November plane, wurde mehrmals verlautet. Bloß eine Drohgebärde? Dann schrieben israelische Zeitungen, die USA hätten dem Iran erklärt, in den bevorstehenden Krieg nicht einzugreifen – und erwarteten somit, dass US-Militärbasen unangetastet blieben. Doch schon am nächsten Tagen erschien ein diesbezüglicher Widerruf. Die kanadische Tageszeitung National Post schrieb in der Schlagzeile: „Die USA bestreiten geheime Absprachen mit dem Iran, sich aus einem zukünftigen Krieg mit Israel herauszuhalten.“

Als die USA zusammen mit Großbritannien Verbündete für einen Angriff gegen den Irak suchten, blieben nicht nur Deutschland und Frankreich neutral, sondern auch Kanada. Doch nun entschloss sich der nördliche Nachbarstaat der USA zu einem durchaus bedrohlichen Schritt: Die diplomatischen Beziehungen mit dem Iran wurden kurzerhand abgebrochen. Die kanadische Botschaft in Teheran wurde geschlossen und iranische Diplomaten müssen Kanada innerhalb von fünf Tagen verlassen!

Wie lautet die Erklärung? Laut Spiegel folgendermaßen:

„Iran versorgt das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad immer mehr mit Waffen; es befolgt nicht die Uno-Resolutionen im Zusammenhang mit seinem Atomprogramm; es bedroht ständig die Existenz Israels und übt sich in rassistischer Rhetorik und ruft zum Völkermord auf; es ist unter den schlimmsten Verbrechern gegen die Menschenrechte und es gewährt Terroristen Zuflucht.“

Dass der Iran im syrischen Bürgerkrieg aufseiten der syrischen Regierung unter Assad steht, ist gewiss eine Tatsache. Doch unterstützen westliche Staaten, die Türkei und Saudi Arabien nicht die Gegenseite, was jede friedliche Lösung ausschließt? Was die Nichtbefolgung der UN-Resolutionen im Zusammenhang mit dem Atomprogramm betrifft, dabei handelt es sich lediglich um eine Mutmaßung. Dass der Iran die Existenz Israels bedrohe, ist ebenfalls eine nicht belegbare Behauptung. Zweifellos unterstützt der Iran die Interessen des palästinensischen Volkes (so wie 129 andere Staaten es ebenfalls tun), dem das Recht auf Gründung eines eigenen Staates auf eigenem Territorium bis heute unverständlicherweise untersagt wird, doch eine direkte Bedrohung Israels wurde von Ahmadinedschad niemals geäußert. Bei der so oft zitierten Aussage, in der er behauptet haben soll, „Israel muss von der Landkarte gefegt werden“, handelt es sich um eine bewusst falsche Übersetzung. Die diesbezügliche Erläuterung findet sich in der englischen Ausgabe von Wikipedia. Juan Cole, Professor an der University of Michigan, stellt diesen Übersetzungsfehler deutlich klar: „Ahmadinedschad sagte nicht, er würde sich daran machen, Israel von der Landkarte zu fegen, denn eine derartige Ausdrucksweise gibt es in der persischen Sprache nicht. Was er sagte, war, dass er hoffe, dass das Regime, also der jüdisch-zionistische Staat, der Jerusalem unter Besetzung hält, zusammenbrechen würde.“ (Originalwortlaut der umstrittenen Aussage in Farsi: een rezhim-e eshghalgar-e qods bayad az safheh-ye ruzgar mahv shavad).

Der Iran zähle zu den „schlimmsten Verbrechern gegen die Menschenrechte“. Ich glaube, es reicht eine Erinnerung an den Angriffskrieg gegen den Irak mit einer Million Todesopfer und der Verwendung von Uran- und Phosphorwaffen, um auf wirkliche Verletzungen der Menschenrechte zu verweisen. Wenn in US-Militärlagern gefoltert wird, dann dient diese Folter natürlich einem guten Zweck – so die unerhörte Rechtfertigung. Und was die Beherbergung von „Terroristen“ betrifft, wäre es wünschenswert, exaktere Angaben zu vernehmen.

Kurz gesagt: Die Erklärungen sind fadenscheinig. Mit Sicherheit sind sie viel zu oberflächlich, um einen derart gravierenden diplomatischen Schritt zu rechtfertigen.

Der Iran war zwar in den 1980er-Jahren in einen Krieg gegen den Irak verwickelt, bei dem es jedoch ziemlich offensichtlich erscheint, dass es sich beim damals noch von den USA unterstützten Saddam Hussein um den Aggressor gehandelt hatte. Hat der Iran jemals ein Land überfallen, wie es die USA zusammen mit einigen NATO-Staaten bereits mehrfach taten? Übt der Iran wirtschaftlichen Druck auf andere Länder aus? Sind es Konzerne, die im Iran beheimatet sind, die über den Welthandel herrschen? Sind es iranische Großbanken, von denen die internationalen Finanzmärkte manipuliert werden?

Wer sich die Mühe macht, entsprechende Informationen zu sammeln und die Situation objektiv zu analysieren, der versteht, dass vom Iran absolut keine Gefahr ausgeht. Doch die unhaltbaren Erklärungen der kanadischen Regierung bezüglich des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen mit dem Iran stellen nicht das eigentliche Problem dar. Das Problem besteht darin, dass es sich um einen weiteren Schritt handelt, der einen in naher Zukunft bevorstehenden brutalen Angriff auf den Iran immer wahrscheinlicher werden lässt.

Ungeachtet, ob wir darüber nachdenken, dass auch die Menschen im Iran ein Recht darauf haben, in Frieden zu leben, oder ob wir eine Ausweitung des Konflikts befürchten, falls Russland und China ihre Versprechen einhalten, aufseiten des Iran in diesen Krieg einzutreten, kein auch nur halbwegs vernünftiger Mensch kann solche Pläne für gut heißen. Und schon gar nicht, wenn sie wieder einmal auf Lügen basieren.

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