Donnerstag , 28 März 2024
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Dissidenten und Volksverhetzer

vaclav_havelSeit dem Fall des Eisernen Vorhangs, findet der Begriff „Dissident“ wesentlich seltener Verwendung. Doch das Ableben des ehemaligen tschechischen Präsidenten Vaclav Havel bringt dieses Wort wieder in Erinnerung. Das Schicksal von Männern, die sich gegen einen übermächtigen Staatsapparat auflehnten. Die Verfolgung und oft Kerker auf sich nahmen, um für Wahrheit und Gerechtigkeit einzutreten. Im Westen galten sie als Helden, im Osten als Volksverhetzer. Und wie werden Dissidenten, die sich gegen die Macht der Finanzelite aussprechen, heutzutage genannt? Verschwörungstheoretiker oder, wenn sie politisch aktiv sind, Populisten.

Als Sohn einer einst einflussreichen Familie, wurde Vaclav Havel schon als Kind von den Kommunisten die gewünschte Bildung verwehrt. Während er als Assistent in einem Chemielabor arbeitete, bildete er sich in Abendkursen fort. Der Zugang zu geisteswissenschaftlichen Fakultäten blieb ihm weiterhin verwehrt. Das Studium der Wirtschaftswissenschaften brach er bald ab und widmete sich dem Theater. Seiner kritischen Ansichten wegen, landete er mehrmals im Gefängnis. 1989 wurde er zum Staatspräsidenten der Tschechoslowakei.

Am 18. Dezember verstarb Vaclav Havel 75-jährig.

Was ist ein „Dissident“? Das lateinische Wort „dissidere“ bedeutet: „Nicht übereinstimmen“ oder „widersprechen“. Laut Wikipedia kam der Begriff im 16. Jahrhundert, und zwar für Protestanten, in Verwendung. Dass die Idee des Widerspruchs mit Sicherheit ebenso alt ist wie Politik, lässt sich wohl annehmen.

Doch jegliche Ablehnung eines bestimmten Systems wird immer nur von außerhalb als etwas Positives betrachtet. Für Menschen, die innerhalb des Systems leben oder sich für dessen Aufrechterhaltung engagieren, gelten Kritiker als Querulanten. Und, abhängig von der Schärfe ihrer Handlungen, oft als gefährliche Umstürzler. So wie der Freiheitskämpfer von den Unterdrückern als Terrorist bezeichnet wird, gilt der Dissident im eigenen Land als Volksverhetzer.

Kritiker werden jedoch nicht aus Prinzip verfolgt, sondern nur dann, wenn sie dem System auch wirklich Schaden zufügen könnten. Wenn die Gefahr besteht, dass ein bestimmter Anteil der Bevölkerung ihren Worten Glauben schenkt. Wenn ihre Warnungen und Aufklärungen auch von genügend Menschen ernst genommen werden. Wenn immer dies nicht der Fall ist, solange die denkende Minderheit klein genug bleibt, um ohne Einfluss auf die weitere Entwicklung des Systems zu bleiben, was für einen Grund hätten die Machthaber, aktiv gegen Kritiker vorzugehen? Bis zu einem gewissen Grad ist Kritik sogar durchaus erwünscht. Wie sonst ließe sich Meinungsfreiheit oder Freiheit schlechthin bestätigen, wenn nicht durch die Möglichkeit zu offenen Äußerungen? Zu einem Problem wird aufklärende Arbeit erst dann, wenn sie eine kritische Masse anspricht, die bereit wäre, sich der systemkritischen Ideologie anzuschließen.

Bei jedem einzelnen Namen, der sich als Dissident in bezug auf die westliche Finanzdiktatur anführen ließe, klingen gleichzeitig die Vorwürfe mit, die diesem Menschen entgegen gebracht werden. Es gibt eine große Zahl kritischer Sachbücher, verfasst von eingeweihten Politikern und von eifrig recherchierenden Journalisten. Im günstigsten Fall werden sie schlicht als „umstritten“ bezeichnet. Im ungünstigsten Fall erliegen sie einem Unfall. Im allgemeinen bemüht man sich jedoch, sie zu ignorieren.

Würde der Autor eines Buches oder der Verfechter einer Idee plötzlich verhaftet werden, würde dies nicht gesteigertes Interesse an seinen Aussagen zur Folge haben? Würden Menschen nicht gerade deswegen beginnen, Fragen zu stellen?

In den Vereinigten Staaten gibt es Ron Paul, der sich als Kongressmitglied immer wieder und völlig offen sowohl gegen das Finanzsystem als auch gegen die amerikanische Kriegspolitik ausspricht. Er hat seinen Sitz übrigens bereits abgegeben, um sich auf den Wahlkampf um die Präsidentschaft im nächsten Jahr vorzubereiten. Er genießt breite Unterstützung im Volk. Allerdings, die Chancen auf einen Wahlsieg sind mehr als nur verschwindend klein. Sobald die großen Geschütze von den Medien losgelassen werden, versinken Kandidaten, die mit wirklich überzeugenden Vorschlägen aufwarten können, im allgemeinen Spektakel aufwendiger Kampagnen. Den Wählern kann dies dabei nicht einmal vorgeworfen werden, denn nur wenige machen sich die Mühe, eigene Recherchen durchzuführen, die Aussagen der Kandidaten zu überprüfen. Die große Mehrheit verlässt sich einfach auf die Übermittlung der Informationen durch die Massenmedien. Und seit es solche gibt, wird von diesen auch bestimmt, wer eine Wahl gewinnt.

In Deutschland leben mehr als 80 Millionen Menschen, 62 Millionen davon sind wahlberechtigt. Wie viele davon sind bereit, unser derzeitiges System, die von den Finanzmächten dominierte Demokratie, zu überdenken? Wie viele haben sich informiert, wie unser Geldsystem funktioniert und wo die vielen Billionen Euro Schulden überhaupt herkommen? Wie viele fragen sich, warum die Zufriedenheit der Anleger um so vieles wichtiger ist als die Zufriedenheit der Bürger? Wie viele durchschauen die wahren Gründe, die hinter den Kriegen der Neuzeit stecken? Wie vielen ist bewusst, dass sich die Finanzlage nur verschlechtern kann, auch wenn es gelingen sollte, den Zusammenbruch noch um einige Zeit hinauszuzögern?

Es würde mich überraschen, wenn die Zahl größer als 600.000 wäre, was einem einzigen Prozent der Wahlberechtigten entspricht.

Im ehemaligen Ostblock lag die Macht überwiegend in Händen von Politikern. Ihre Namen waren bekannt. Sie waren angreifbar. Zumindest einem gewissen Teil der Bevölkerung war bewusst, dass die Medien staatlicher Zensur unterlagen, dass die Meinung der Massen gezielt gesteuert wurde. Anders ist die Situation in der westlichen Welt. Politiker kommen und gehen und ihre Aufgabe ist letztendlich ohnehin nur, die Länder, die ihrer „Führung“ anvertraut wurden, harmonisch in das internationale System einzugliedern. Die Interessen der Märkte und der Anleger zu schützen. Den freien Welthandel aufrecht zu erhalten, ungeachtet der Schäden, die der heimischen Wirtschaft dabei zufügt werden. Ungeachtet der Verarmung, die im Volk fortschreitet.

Somit richtet sich politische Kritik unserer Tage nicht gegen die gewählten Marionetten, sondern gegen jene Menschen, die über die wirtschaftliche Entwicklung, über die Bereitstellung von Kapital, über den Welthandel, über den Ölpreis bestimmen. Und die Namen der wahren Entscheidungsträger bleiben der Öffentlichkeit verborgen. Gegen wen richtet sich die entscheidende Kritik also? Gegen Unbekannte, die aus dem Hintergrund die Fäden ziehen. Und damit wäre bestätigt, dass diese Kritiken eigentlich auf der Theorie einer Verschwörung basieren, nicht wahr? Obwohl Verschwörung dabei nicht einmal der passende Begriff ist, wenn Machthaber schlicht alle Mittel einsetzen, um ihre eigene Macht zu erhalten. Dass sie ihre Namen nicht preisgeben, dabei handelt es sich wohl um den bestmöglichen Schachzug. Neu ist er allerdings nicht. Schon zu Napoleons Zeiten hieß es, er hätte Krieg gegen andere Länder geführt. In Wahrheit war es eine Finanzelite, vor der er ganz Europa zu retten versuchte.

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