Donnerstag , 18 April 2024
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Droht Ägypten eine Militärregierung?

aegypten_soldatenDie definitive Zusage der Armee, nicht auf die Demonstranten zu schießen, kam als Überraschung. Die gestrige Massen-Demonstration war ein durchaus friedlicher aber leidenschaftlicher Ausdruck eines tiefen Verlangens nach Veränderungen. Bis heute schien es als würde sich das gesamte Volk gegen Mubarak stellen. Plötzlich taucht Unterstützung für den ungeliebten Präsidenten auf. Und gleichzeitig kommt Gewalt ins Spiel. Live-Berichte vermitteln den Eindruck als würde die Armee auf der Seite der Mubarak-Gegner stehen. Wer, außer den Streitkräften, könnte für Ruhe sorgen, falls die Gewalt in den Straßen weiter eskaliert?

Die Stimmung in Ägypten ist eindeutig. Die Zahl der Demonstranten in Verbindung mit den Aussagen Einzelner vermittelte den Eindruck als stünde Hosni Mubarak mit wenigen Vertrauten dem ganzen ägyptischen Volk gegenüber. Woher kommen seine Unterstützer, die sich den Massen plötzlich entgegen stellen? Was motiviert sie, gegen die bislang friedlichen Demonstranten Gewalt anzuwenden, auch wenn es bisher meist nur Steine sind, die durch die Luft fliegen?

Schon vor mehreren Tagen, als sich die Manifestationen noch in ihren Anfängen befanden, mehrten sich Gerüchte, dass Plünderungen von der Regierung angestiftet wurden, um von den eigentlichen Zielen der Opposition abzulenken. Der Schluss, dass die Gegendemonstranten, die Unterstützer Mubaraks, bezahlte Agenten sein könnten, liegt nahe. Auch von Demonstranten wird verlautet, dass es sich um Polizisten in Zivilkleidung handle. Wie die Nachrichtensprecherin von Al-Jazeera erklärte, hänge alles vom Verhalten der Armee ab.

Unmissverständlich setzte sich die israelische Regierung für ein Verbleiben Mubaraks ein. Erst gestern verwies The Intelligence auf eine Schlagzeile der Online-Ausgabe der israelischen Zeitung Haaretz, die besagte: „Israel ermahnt die Welt, Kritiken an Ägyptens Mubarak zu zügeln!“ Für den Kleinstaat am Mittelmeer sind stabile Beziehungen mit dem zehnfach größeren Nachbarstaat von absoluter Wichtigkeit, nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Konflikten bezüglich der palästinensischen Gebietsansprüche. Der Gaza-Streifen verfügt über eine gemeinsame Grenze mit Ägypten. Dementsprechend überraschend wirkte die Aussage des US-Präsidenten Obama im Anschluss an Mubaraks Rücktrittsversprechen vor den Wahlen im September: „Ein geregelter Wechsel muss sinnvoll sein, er muss friedlich sein, und er muss jetzt beginnen.“ Damit spricht er wohl den Demonstranten aus der Seele.

Zwar hatte der amerikanische Präsident während seiner Amtsperiode schon mehrmals bewiesen, dass er nicht bedingungslos auf der Seite Israels steht, doch sollte er dem wichtigsten Bündnispartner in der Region in so einer entscheidenden Frage wirklich in den Rücken fallen? Bis dato schienen die Bemühungen Amerikas, sich weder auf die Seite Mubaraks noch auf die der Opposition zu stellen, vordergründig. Ungeachtet des Ausgangs der Revolten, ist es auch für die Vereinigten Staaten von Bedeutung, ein einvernehmliches Verhältnis mit Ägypten zu bewahren.

In der Politik werden Entwicklungen niemals dem Zufall überlassen. Wie schon am Beginn dieses Artikels erwähnt, sorgte die Kundgebung der Armee, auf ein gewaltsames Einschreiten zu verzichten, für Überraschung. Wie schwach wäre die Position eines Präsidenten, der sich auf die eigene Armee nicht verlassen kann?

Die Entwicklungen der nächsten Tage, vielleicht sogar der nächsten Stunden, werden gewiss mehr Einblick erlauben. Zum gegebenen Zeitpunkt kann es allerdings durchaus als im Bereich des Möglichen erachtet werden, dass von Seiten der Armee eine Rücktrittsforderung an Mubarak gestellt werden könnte. Nachdem sich diese nicht nur weigerte, gewaltsam gegen die Demonstranten vorzugehen, sondern sogar als deren Unterstützer auftritt, könnte eine Entmachtung des ungeliebten Präsidenten durch die Streitkräfte von den Gegnern Mubaraks als willkommene Lösung betrachtet werden. Ist es durch das bisherige Vorgehen gelungen, das Vertrauen der Bewohner Ägyptens zu gewinnen, was sollten diese gegen eine vorübergehende Militärregierung, bis zu den geplanten Wahlen im September, einzuwenden haben? Die derzeitigen Unruhen ins Auge fassend, wäre eine – wie gesagt: vorübergehende – Machtübernahme durch die Armee der naheliegendste Garant für die Wiederherstellung der Ordnung.

Sollte dieser Fall wirklich eintreten, könnte die Situation wiederum von zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Es wäre durchaus möglich, dass die Armeeführung für eine gesunde Demokratie eintritt und dementsprechend faire Wahlen garantiert. Es wäre aber auch nicht auszuschließen, dass es sich dabei um einen „Plan B“ handeln könnte. Einer, von The Intelligence am 31. Januar veröffentlichten, Kurzmeldung von Al-Jazeera zufolge, wurden in der ägyptischen Botschaft in Tel Aviv Pläne besprochen, Hosni Mubarak in Israel Exil zu gewähren. Auch wenn die persönliche Einflussnahme auf die ägyptische Politik für den 82-Jährigen damit zu Ende wäre, so bliebe trotzdem ausreichend Zeit, bis zu den Wahlen im September einen entsprechenden Wunschkandidaten vorzubereiten. Ausreichende finanzielle Mittel für einen Wahlkampf könnten aus dem Ausland bereit gestellt werden. Ob dies den Vorstellungen der Opposition entspricht, sei dahingestellt.

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