Samstag , 20 April 2024
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Ist Julian Assange ein Verräter?

guantanamo_bayIn jedem Konflikt gibt es grundsätzlich drei verschiedene Blickwinkel. Den Standpunkt des Aggressors, des Verteidigers und des neutralen Beobachters. Was für den Letztgenannten objektiv erscheint, gilt für die Konflikt-Parteien entweder als Unterstützung oder als Bedrohung ihrer Interessen. In diesem Sinne ist es kaum verwunderlich, dass Julian Assange und Wikileaks in konservativen US-Kreisen des Verrats beschuldigt werden. Ein Artikel bei Fox-News, verfasst von einem ehemaligen Mitarbeiter des US-Außenministeriums, fordert, die in Schweden beheimatete Organisation offiziell in die Reihen der Feinde einzugliedern.

Der legendäre Ausspruch könnte als Bush-Doktrin in die Geschichte eingehen: „Wer nicht auf unserer Seite steht, steht auf der Seite der Terroristen!“ In Kriegszeiten gibt es keinen Platz für Objektivität. Der Feind wird des Terrors beschuldigt. Und mit Terror wird zurückgeschlagen.

Dementsprechend stellt Christian Whiton, Autor des Artikels bei Fox-News, seinen Standpunkt auch in den ersten Zeilen klar. Die Veröffentlichung von annähernd 400.000 Geheimdokumenten aus dem Irak-Krieg stelle ein nationales Sicherheitsrisiko dar und hätte nichts mit freier Berichterstattung oder Transparenz zu tun. Der Kriegsgegner ist kein bestimmtes Land, sondern der sogenannte „internationale Terrorismus“. Und so bezeichnet Whiton die Aufklärung der Öffentlichkeit als „Akt politischer Kriegsführung gegen die Vereinigten Staaten“. Wikileaks sei eine ausländische Organisation, der es gelungen sei, dank Spionage in den Besitz der besagten Dokumente zu gelangen.

Seine persönliche Einstellung macht Whiton deutlich, indem er die Aussage eines zitierten Emails umformuliert. Julian Assange schrieb an einen namentlich nicht genannten Journalisten, dass er zu beschäftigt damit sei, zwei Kriege zu beenden. Whiton korrigiert den Satz auf: „…der freien Welt den Verlust zweier Kriege zu bescheren“.

(Damit sind wir natürlich wieder bei den abgedroschenen Klischees. Wir, die Bürger der westlichen Länder, genießen als einzige Freiheit und Wohlstand. Und wer sich anderswo dagegen wehrt, internationale Konzerne uneingeschränkt in seinem Land operieren zu lassen, wer zu verhindern versucht, dass Regierungen in unlösbare Schuldenkrisen getrieben werden, schränkt dadurch die Freiheit der dort lebenden Menschen ein.)

Und somit schlägt Christian Whiton auf der Webseite von Fox-News folgendes vor:

  • Ungeachtet des Aufenthaltsortes von Julian Assange und seinen Kollegen, sollte er der Spionage gegen Amerika beschuldigt werden und die Verbündeten der USA sollten dieser Entscheidung folgen.
  • Der US-Präsident solle Wege finden, Wikileaks und die involvierten Personen offiziell zu „Feinden“ zu erklären, was die Möglichkeiten außergerichtlicher Aktionen einräume.
  • Die finanziellen Mittel von Wikileaks sowie deren Helfer sollten eingefroren werden. Über Geldinstitute, die mit dieser „Terroristen-aktivierenden“ Organisation zusammenarbeiten, sollten Sanktionen verhängt werden.
  • Die neue US-Cyber-Kommandozentrale könnte einen Angriff gegen Wikileaks und jedes kollaborierende Telekommunikations-Unternehmen starten.

Er fügt dabei noch einen fünften Punkt an, der in Zukunft derartige Schwachstellen, das Durchsickern geheimer Dokumente, verhindern soll.

Was das Einfrieren der finanziellen Mittel betrifft, so gelang den USA bereits ein Erfolg. Wie The Intelligence berichtete, schloss der Internet-Zahlungsdienstleister Moneybookers jenes Konto von Wikileaks, über das Spendengelder transferiert wurden. Julian Assange und seine Kollegen zu Terroristen zu erklären, zu entführen und nach Guantanamo Bay zu überstellen, würde kaum auf großes Verständnis in der Öffentlichkeit stoßen. Dass in bestimmten Kreisen über alternative Schritte nachgedacht wird, entspricht grundsätzlich den Erwartungen.

Besonderes Augenmerk verdient jedoch die erwähnte Cyber-Kommandozentrale (United States Cyber Command). Untergebracht in der sogenannten Crypto-City im Bundesstaat Maryland, wo Zehntausende Mitarbeiter der CIA den internationalen Datenfluss überwachen, handelte es sich um eine vor wenigen Monaten ins Leben gerufene US-Militärbehörde. Über die eigentlichen Ziele und Aufgaben lässt sich vorwiegend nur spekulieren. Doch, wie der Name verrät, liegen diese im Bereich der Telekommunikation und Datenerfassung. Dass dem Informationsfluss im Internet von dieser Seite her Gefahr drohen könnte, ist keinesfalls auszuschließen.

Ohne Zweifel können wir davon ausgehen, dass Wikileaks’ Aktivitäten den Interessen der amerikanischen Politik, wer oder was immer auch dahinter stecken mag, entgegen wirken. Bleiben wir selbst unparteiisch, identifizieren wir uns als neutrale Beobachter, so verdient Wikileaks vollen Respekt, Unterstützung und vor allem Schutz. Australien, Julian Assanges Heimatland, ist den Forderungen der USA bereits gefolgt, was man als Verrat an einem Staatsbürger bezeichnen könnte. Schweden hat Assange kürzlich die Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung verweigert. Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass sich nicht noch mehr Länder den Forderungen der USA anschließen werden, eine Organisation, die sich bemüht, die Weltöffentlichkeit aufzuklären, zu verfolgen. Vielleicht sollte man an dunkle Phasen der Vergangenheit erinnern, in der Aufklärung als „Wehrkraftzersetzung“ eingestuft wurde.

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