Donnerstag , 28 März 2024
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Die „letzte Patrone“ rückt näher: Liberté – Egalité – Triple-A ade!

flagge frankreich angerissenSeit Monaten geisterte er durch die Finanzwelt, nun ist er da: Der Verlust der Top-Bonität Frankreichs könnte zum Sargnagel der Euro-Rettung avancieren, immerhin ist die Staatsschuldenkrise nun auch für die Öffentlichkeit sichtbar in Kern-Europa angekommen. Die Konsequenzen daraus und warum die europäischen Rettungsbemühungen dennoch weitergehen werden, soll im Folgenden geklärt werden.

Bereits im Herbst hatte der US-Ratingriese Standard & Poor’s (S&P) dem deutsch-französischen Tandem und den kleineren europäischen AAA-Ländern mit dem Entzug der Topbonität gedroht. Weniger Beachtung fand hingegen die Drohung von S&P, im Falle eines Entzugs des AAA-Ratings von Frankreich oder Deutschland, auch die Topbonität der EFSF anzuzweifeln. Dieser sogenannte Rettungsschirm ermöglicht es, die eigentlich bankrotten Länder Portugal, Irland und Griechenland am Laufen zu halten.

Wenn auch der EFSF das AAA entzogen werden sollte, so müssten die Geberländer, zu denen zuvorderst Deutschland gehört, nicht nur tiefer in die Tasche greifen, da Investoren höhere Zinsen und Sicherheitszahlungen verlangen würden, damit sie das Rettungsabenteuer weiterhin finanzieren, sondern möglicherweise erneut ihre nationalen Parlamente befragen, da mit Mehrkosten zu rechnen ist. Genau an dieser Stelle bekommt „der Markt“, also renditegetriebene Menschen mit zu viel Geld im Portemonnaie, es mit der Angst zu tun. Warum sollte er Angst bekommen, die Abnicker-Buden, die sich Parlamente schimpfen, werden schon ihrer Aufgabe nachkommen und den Status quo, Schulden mit neuen Schulden zu begegnen, aufrechterhalten, werden nun einige Leser einwenden. Auch wenn dies so ist, so fürchtet „der Markt“ dennoch das bisschen Rest-Demokratie, was uns noch verblieben ist, wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser. Denn wenn die angeblichen Volksvertreter tatsächlich noch einmal über die Euro-Rettung abstimmen müssen sollten, was angesichts höherer Zinsen und Sicherheitszahlungen und den damit verbundenen Mehrausgaben so unwahrscheinlich nicht ist, könnten sie ja tatsächlich ihrer Aufgabe gerecht werden und zumindest versuchen, weiteren Schaden vom Souverän abzuwenden.

Keine Frage, dies ist eine träumerische Wunschvorstellung. Abgesehen von diesem recht kleinen Problem droht der Euro-Rettung mit dem Entzug der Topbonität Frankreichs durch S&P weiteres Ungemach. Die psychologische Wirkung der Herabstufung könnte beispielsweise dazu beitragen, dass die Banken, die jüngst mit einer halben Billion Euro ausgestattet wurden und diese vielen Milliarden bitteschön in Staatsanleihen anlegen sollen, mit denen man sich normalerweise nicht mal den Allerwertesten abwischen würde, liefe man so doch Gefahr, mit toxischen Papieren in direktem Kontakt zu treten, dieser Bitte der EZB nicht nachkommen und das viele Geld lieber bei eben dieser bunkern, um im Fall der Fälle sich selbst retten zu können. An der Länge des obigen Satzes erkennt man schon, dass der AAA-Entzug ziemlich komplexe Auswirkungen haben kann. Bereits nächste Woche wird die EFSF versuchen müssen, an frisches Kapital heranzukommen, um die Patienten auf der Palliativstation, momentan Irland, Portugal und Griechenland, nicht sterben zu lassen. Wir werden sehen, inwiefern bereits dort höhere Zinsen fällig werden.

Einmal abgesehen von der sich verteuernden Rettung der Unrettbaren steht ebenso zu befürchten, dass neben Frankreich auch Deutschland sein AAA-Rating über kurz oder lang verliert. Irgendwann dürfte nämlich die alles entscheidende Frage aufkommen, ob Deutschland allein in der Lage wäre, die Eurozone zu retten. Ein dahinsiechendes Italien, ein kollabierendes Spanien und die mental bereits abgeschriebene Euro-Peripherie lassen auf diese einfache Frage eine ebenso simple Antwort zu: Nein, kann es nicht.

Dennoch wird man es versuchen. Die Sprechblasen, nach denen „bis zur letzten Patrone“ für den Euro gekämpft werde, und die eiligst einberufenen „Gipfeltreffen“, auf denen man sich lediglich in dem Punkt einig war, dass man sich nicht wirklich einig ist, zeigen auf, dass die Krisenzeiten – wer hätte es gedacht – noch nicht vorbei sind.

Der ESM, der im Sommer zur EFSF hinzutritt und diese irgendwann einmal ablösen soll, ist nicht nur verfassungsrechtlich äußerst bedenklich, er dürfte mit dem AAA-Entzug für Frankreich auch ebenso zahnlos daherkommen. Auch dieser kann nämlich nicht damit rechnen, mit der besten Bonitätsnote ausgestattet zu werden, folglich werden höhere Zinsen und höhere Sicherheitszahlungen fällig. Natürlich gilt dies nur, wenn die deutsche Regierung sich nicht dazu entschließen würde, fünfe gerade sein zu lassen und erneut in den Sparstrumpf der Nation zu greifen, um die zwanghaft forcierte Währungsunion nicht aufkündigen zu müssen.

Bei all diesen Unwägbarkeiten ist aber immerhin eines gewiss: Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird öffentlich das tun und sagen, was sie immer gesagt und getan hat: nichts. Und dies dürfte sie bis zum Schluss, um nicht zu sagen: „Bis zur letzten Patrone“ tun.

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