Donnerstag , 28 März 2024
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Tierleichen im Müll, Schweinemast und Biogas – Die Sauerei mit den EU-Subventionen

58.000.000 Schweine werden jährlich in Deutschland gemästet und 1/3 der verarbeiteten Tierprodukte wandert wieder in den Müll. Schweinefleisch in den Supermärkten ist sehr billig. Mehr als die Hälfte des deutschen Schweinefleischs wird in riesigen Mastställen in Nord- und Ostdeutschland produziert, dort wo die Bevölkerung gering ist und nur wenig öffentliches Aufsehen erregt wird. Reinhild Benning vom Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) spricht über die Entwicklung in diesem Bereich und bestätigt, dass es immer mehr dieser Schweinmastanlagen gibt. Über 70 % der Schlachttiere werden in solchen Mastanlagen gehalten und für ein kurzes unwürdiges Leben mehr oder weniger aufgezogen. In separaten Bereichen werden die Muttersäue als Gebärmaschinen gehalten und in Metallkäfigen fixiert. Sie stehen oder liegen dort die ganze Zeit über, drehen oder sich anders positionieren können sich die Schweine dabei nicht. In solch einem Betrieb werden so jährlich rund 25.000 Ferkel produziert.

By Baileynorwoodrocks via Wikimedia Commons
By Baileynorwoodrocks via Wikimedia Commons

Geboren um zu sterben

Nach kurzer Zeit, und nach nur wenigen Wochen müssen die Ferkel in Mastboxen umziehen. Diese werden das Zuhause ihres restlichen Lebens bleiben. Die Realität dieser Tierhaltung bedeutet dabei nicht die bäuerliche Idylle, wo Schweine im Freien leben und mit Artgenossen und anderen Tieren leben dürfen, sie müssen auf Betonspaltböden stehen, eine Maßnahme damit Kot und Urin besser entsorgt werden können. Schweine sind Paarhufer und kommen nur schlecht mit dieser Unterbringung zurecht, sie rutschen aus und verletzen sich an den Kanten der Spaltböden. Unter den Mastbetrieben gilt der Rentabilitätsvorsatz, wie viel Kilogramm Fleisch kann unter möglichst geringen Platzverhältnissen erzeugt werden. Dies bedeutet zusätzlich zu dem geringen Platz auch einen Zeitfaktor – je schneller die Tiere gemästet werden umso größer fällt letztlich der Umsatz an der Ware Tier aus.

Wäre den Menschen bewusst, wie das Fleisch zu Lebzeiten aussah, ihnen würde der Appetit nicht nur vergehen, das Fleisch würde ihnen wieder hochkommen. Dieses Bild lässt sich gut verdrängen. Ignoranz und Wegsehen sind trainierbare Ablenkungsmethoden.

Jürgen Voss ist deutsche Tierschützer und hat sich deutsche Schweineställe angesehen. In heimlichen Dokumentationen zeigen die Aufnahmen, wie es den Tieren tatsächlich während ihres kurzen Lebens ergeht. Nach außen kommunizieren Mastbetriebe eine artgerechte Haltung, den Tieren werde sogar ihr natürlicher Bewegungsdrang ermöglicht. Vereinzelt aufgehängte Metallketten dienen zum Beispiel als Spielgeräte. In den Bildaufnahmen des Tierschützers, zeigen sich dann die eitrigen Verletzungen an den unterschiedlichen Körperstellen der Tiere. Außerdem Tumore und Geschwülste, die aus den Leibern herauswuchern. Kot und Schmutz verschmieren die Böden. Die Spaltbodenhaltung fördert das Ausrutschen und verletzt die Schweine dabei so beeinträchtigend, dass sie sich nicht mehr aufrecht halten können oder anderen aggressiv gewordenen Artgenossen zum Opfer fallen. Außerdem entstehen durch den Schmutz, Verletzungen, die aufgrund des Keimbefalls nicht mehr heilen können. Bei dem Bildmaterial das der Tierschützer aufgenommen hat, handelt es sich um einen Betrieb, der als Beispiel für viele andere Mastbetriebe in Deutschland gelten mag und keineswegs eine Ausnahmestellung einnimmt. So oder so ähnlich werden in Deutschland jährlich knapp 60.000.000 Schweine geschlachtet und zu Nahrungsmitteln verarbeitet.

Verantwortung wird allenfalls nur weggeschoben oder einfach ignoriert

Die hessische Tierschutzbeauftragte Madeleine Martin bestätigt die Videoaufnahmen als übergreifendes Beispiel für die Schweinemasthaltung in Deutschland. Sie hebt die zusätzliche Qual hervor, dass diese Tiere, die selber so gut riechen können, in großen Gruppen in ihren eigenen Exkrementen stehen und leben müssen, der Gestank ist kilometerweit wahrzunehmen. Dabei sind Schweine sehr reinliche und saubere Lebewesen. Die Tiere entwickeln durch Platzmangel und fehlende Beschäftigung sehr schnell Verhaltensstörungen, die auch in Aggressivität und Kannibalismus enden.

Dieser Art Probleme und Missstände sind nicht nur bei den einzelnen Betrieben und Mastanlagen zu begründen. Vielmehr erfüllen diese Fabriken sogar die Gesetzesvorlagen der einzelnen Bundesländer. Der Umsatz von günstigen Tierlebensmitteln in den Verbrauchermärkten wächst und wächst. Es sind also die Käufer selbst, die es in der Hand haben Verantwortung auszuüben und diese nicht nur von sich weg zu schieben. Informatione liefert zum Beispiel auch der ktuelle Fleischatlas, der bei der Heinrich Böll Stiftung als PDF kostenlos geladen werden kann. Der Gesetzgeber führt die Menschen aber mit subventionierten und günstigen Lebensmitteln von dieser Selbstverantwortung weg. Teurere Produkte werden weiterhin gemieden, es existiert ein Kreislauf, der eigentlich nur durch den Verbraucher selbst durchbrochen werden kann oder der Staat die Subventionen abschafft, oder ist auch der Staat aufgrund der EU machtlos?

Bildquelle: CC-BY-SA Heinrich-Böll-Stiftung, BUND, Le Monde Diplomatique"
Bildquelle: CC-BY-SA Heinrich-Böll-Stiftung, BUND, Le Monde Diplomatique“

Lasche Kontrollen nur ein Zufall?

Statistisch betrachtet werden jährlich nur 5 % der Ställe und Mastbetriebe von den Behörden kontrolliert. Der Ernährungswissenschaftler Professor Dr. Markus Mau beschreibt hier auch das wirtschaftliche Interesse, das hinter der Masthaltung steht. Dabei existiert ein Überangebot der Ware Fleisch, es wird also bewusst mehr produziert als dass es die Nachfrage seitens der Verbraucher gibt. Diese Überversorgung drückt die Lebensmittelpreise. Betriebe werden also in den Preiskampf getrieben, kleine Unternehmen und Familienbetriebe können in diesem Wettbewerb den großen Konzernen daher nur unterlegen sein und müssen aufgeben.

Das perfide System der Subventionen

Zusätzlich zu den sinkenden Fleischpreisen im Absatz, steigen die Futtermittelpreise. Die Konsequenz aus diesen sich gegensätzlich entwickelnden Extremen bedeutet, immer größer werdende Mastanlagen, immer mehr Tiere auf weniger Raum während immer kürzerer Zeit bis zur Schlachtung zu mästen. Der Schweinezüchter verdient in etwa 5 Euro am gesamten Schwein. Das die Züchter damit nicht ihr Geld erwirtschaften können ist offensichtlich. Dafür erhalten sie Förderungen und Subventionsgelder vom Staat. Je größer die Agrarwirtschaftsanlagen, je mehr Tiere verarbeitet werden umso mehr Zulagen fließen von der EU aufgrund von Steuergelder. Bei der EU-Kommission in Brüssel werden diese Zuwendungen verteilt. Etwa 70 % der Subventionseinnahmen werden an die Bauern verteilt, wobei sich die Zuwendungen nach Agrarfläche, also nach Hektar Land der Produktionsbetriebe oder Anbauflächen berechnen. Das sind ca. 340 ,- Euro pro Hektar und Jahr. Im Umkehrschluss bedeutet das, große Unternehmen erhalten einen hohen Anteil an Subventionen, kleinere Betriebe, etwa Biobetriebe oder welche die versuchen weniger Tiere aufgrund besserer Bedingungen aufzuziehen, erhalten dementsprechend nur wenig Fördermittel, obwohl gerade diese, die Unterstützung am Nötigsten haben. Zwangsläufig müssen sie kapitulieren. Nicht nur die Zuchtbetriebe profitieren also von der Massentierhaltung, auch die Futtermittelbetriebe verdienen aufgrund der dafür nötigen Versorgung. Durch die Flächenförderung in Deutschland erhalten die Massentierhalter rund 1. Mrd. Euro pro Jahr.

Überproduktion von Fleisch – Von Zufall kann gar keine Rede sein

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Bildquelle: CC-BY-SA Heinrich-Böll-Stiftung, BUND, Le Monde Diplomatique“

Diese Subventionen werden bekanntlich durch die Steuerbeiträge des Volkes finanziert. Zu den direkten Zuwendungen kommen auch noch weitere finanzierbare Maßnahmen hinzu, so etwa die Lagerung von Fleisch- und Milchprodukten. Das bedeutet, dass in Zeiten zu hoher Fleischproduktion, deren Abnahme nicht erfolgen kann, die Ware für ein späteren Zeitpunkt untergebracht wird. Dadurch, dass solche Vorproduktionen (mehr Tiere – höhere Subventionen) förderbar sind, steigern sich auch die Produktionen in den Mastanlagen. Diese Lagerverteilung wird durch den jeweiligen aktuellen Marktpreis für Fleisch bestimmt. Die Betriebe und Konzerne können so ihre Umsätze steuern und maximieren. Je günstiger das Fleischprodukt im Laden verkauft wird, umso mehr finanzielle Zuwendungen erhalten die großen Fleischproduzenten. Das Tier ist dabei der wertloseste Teil dieser industriellen Wertschöpfung. Dank der finanziellen Maßnahmen bringt die Überproduzierung von Fleischwaren den Beteiligten und Herstellern viel Geld, obwohl 1/3 der Tiere im Müllcontainer landen und nicht verkauft werden oder spätestens dort in Mülltonnnen oder Conatinern entsorgt werden.

Von Quer- und Kofinanzierungen – Planbeispiele mit dem Tod

Solche Tierprodukt-Lagerhallen werden auch für den Lebensmittelexport nach Asien genutzt. Diese weiteren Einnahmetöpfe werden unter der Bezeichnung Maßnahmen zu ausländischen Entwicklungen abgewickelt und über die EU mit 50 % der Gesamtinvestitionskosten kofinanziert. Die Bundesregierung setzt sich übrigens für die Abschaffung dieser Exportsubventionen ein. Dennoch, besonders im Osten von Deutschland entstehen immer mehr und immer größere Schweinemastanlagen. Diese werden durch die Bundesländer und den Staat über Subventionen bis zu 50 % gefördert. Hinzukommen Kapitaleinlagen und Finanzierungen durch Investoren, oft aus dem Ausland. Zollfreies Tierfuttermittel und kostenlose Wasserversorgung bieten für die Mäster zusätzliche Anreize als Verwalter dieser Großmastanlagen zu agieren, mit Landwirtschaft im traditionellen Sinne hat das nicht zu tun.

Manchen Leuten stinkt es inzwischen gewaltig, andere bekommen davon noch nichts mit.

Bei all dem verbrochenen Tierleid, den strebsamen wirtschaftlichen Machenschaften, den Investitionen durch ausländische Mastbetriebe, den Subventionen und Förderungen des Staates und der EU, greift der Verbraucher am Ende dennoch zum günstigen Fleisch aus dem Kühlregal. Das Ziel ist eben nur das Produkt, die Herkunft bleibt lieber unbekannt. Dennoch regen sich auch die Stimmen in Bürgerinitiativen und beklagen den ständigen Zuwachs an Großmastanlagen in ländlichen Gebieten. Den Menschen stinkt es wortwörtlich, sie stört die Verunreinigung der Luft durch Gülle und den Ausdünstungen, die aus den Schloten der Anlagen aufsteigen. Ein weiteres Problem beschreibt die Gülle der zu Hunderttausenden zusammengepferchten Tiere. Diese Giftstoffe verunreinigen ganze Landabschnitte, das Grundwasser wird verheerend verschmutzt, Lebensmittelanbau ist kaum noch möglich. Die Gemeinden profitieren aber von den Steuergeldern, die die Betriebe abführen müssen. Ein weiteres Argument, das besonders auf dem Land von großer Bedeutung ist, ist die Arbeitsplatzbeschaffung. Ein Deal, ein Pakt, der letztendlich nicht ausgeschlagen werden kann, zu groß die Nöte der Bevölkerung oder der Komunen. Reinhild Benning vom BUND versucht den Leuten die Zusammenhänge zwischen Subventionen und den vielen geplanten Mastbetrieben und den Export von Fleisch zu erläutern. Es werde jährlich ein so großer Überschuss an Tierprodukten produziert, dass sämtliche Neuanlagen einzig für den Export wirtschaften. Das habe nichts mit regionaler Versorgung zu tun.  Außerdem erkennen inzwischen immer mehr Menschen, wie lebensunwürdig diese Fleischverwertung und Entwertung ist.

Steuergelder: In den Niederlanden unerwünscht, in Deutschland mit offenen Armen empfangen

Einen weiteren Zusammenhang zwischen Billigfleisch, Massentierhaltung, Investoren und Subventionen, beschreibt ausgerechnet eine ökologische Strominitiative aus der Biogasgewinnung. Deutschland ist das einzige Land in der EU, das die Biogasgewinnung, also auch die Errichtung solcher Anlagen mit Geld fördert (eine Schattenseite der Energiewende). Oft stehen solche Kraftwerke in direkter Umgebung der Mastbetriebe und dienen so zur Quersubventionierung. Die Investoren erzielen aus mehrfachen Produktionsstätten ihre Einnahmen, wird das Fleisch auf dem Markt billiger, können Verluste immer noch durch die Energiegewinnung ausgeglichen werden. Auf diese Weise erhält die deutsche Massentier- und Agrarwirtschaft jährliche Zuschüsse von 1,8 Milliarden Euro. Bei den Mastbetrieben, vor allem bei den Neuen, handelt es sich oft um Investoren aus den Niederlanden. Diese haben im eigenen Land Geld für den Abbau ihrer Betriebe erhalten, weil die Leute sich gemeinsam gegen diese Tierhaltung und Mästung solidarisiert haben und die Tiermast verbannt haben. In Deutschland ist der Aufbau neuer Anlagen hingegen ein lukratives Geschäft, die Vorgaben und Hürden sind entsprechend niedrig, zudem fließen in Deutschland eben sehr hohe Subventionsgelder.

Es gibt nur einen Ausweg aus diesem Kreislauf, der ganz eigene Notausstieg

Letztlich wird die Überproduzierung bewusst in Kauf genommen. Die Fleischabfälle stapeln sich in Mülltonnen und Containern und das tonnenweise. Das geschieht natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Doch bereits vor der Verarbeitung müssen über 10 % der Tierbestände entsorgt werden. Darunter Jungtiere und kranke Wesen, die die Überstellung mit den einhergehenden Krankheiten und Verletzungen nicht überlebt haben. Diese Tierleichen, darunter Tierkinder werden schließlich weiter verwertet, auch hierbei lassen sich noch Gewinne erzielen. Tierkadaver sind ein wichtiger Bestanteil der Energieerzeugung in Biogasanlagen. Das ist das Ende und zugleich auch wieder der Anfang einer perversen Wertschöpfungskette, in der wir Verbraucher eine wichtige Rolle spielen. Spielen oder Verantwortung übernehmen und selbst die Regeln bestimmen.

Informationsmaterial Quelle: Dokumentation „betrifft – Schweine für den Müllcontainer“

Grafiken: Fleischatlas 2014 Bildquelle: CC-BY-SA Heinrich-Böll-Stiftung, BUND, Le Monde Diplomatique“

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Ein Kommentar

  1. Was
    für ein bullshit. Flächenbezogene Ausgleichszahlungen gibts auch für
    Brotgetreide, Obst und Gemüse und alle anderen kulturen. Diese müßten
    dann mit gleicher Logik als Subvention für den Bäcker/Müller, Obst oder
    Gemüsehändler angeshene werden. Da aber
    eine Subvention nur EINEM zugrechnet werden kann, würde das bedeuten:
    Der Landwirt bekommt KEINE Subventionen. Die Nitratwerte im Grundwasser
    werden schon seit Jahren stetig besser. Stallbauten werden NUR
    subventioniert, wenn sie über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende
    Kriterien für Umwelt- und Tierschutz erfüllen. Wie nennt man es, wenn
    eine Bevölkerugsgruppe (Hier :TIERHALTER) mit falschen Argumenten
    verleumdet und böswillig verächtlich gemacht wird. Wen Ihr die Antwort
    wißt, dann wißt Ihr auch, wo Ihr im historischen Konsens einzuordnen
    seid.

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