Donnerstag , 18 April 2024
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Koalitionsvertrag: Weihnachtsgeschenk für Genossen und Unionschristen – GroKo kommt

Foto: Tim Reckmann  / pixelio.de
Foto: Tim Reckmann / pixelio.de

Und wir werden alle verschaukelt, nur unter veränderten Vorzeichen sprich Farben. Denn was die schwarz-roten Spitzenteams von CDU/CSU und SPD in Berlin an Wohltaten zusammengeschnürt und mit dem Geschenkanhänger „Koalitionsvertrag“ versehen hat, betrachten nicht nur Anhänger der Oppositionsparteien mit Unbehagen: opulentes Weihnachtspaket für alle oder größte Mogelpackung aller Zeiten?

Vom Wähler abgesegnetes Polittheater: „Mutti“ hält still, wenn Gabriel es will

Seit knapp drei Monaten schaut das Wahlvolk mehr oder weniger gebannt nach Berlin, kräftig unterstützt von skeptischen, pseudokritischen und optimistischen Medienvertretern. Nun sind die Würfel gefallen: Die Basis der SPD hat pro Große Koalition gestimmt, der angeblich eindeutige Wählerauftrag wird umgesetzt, kurz: Schwarzrot regiert.

Doch diesmal hat die unerschütterliche Kanzlerin nicht den konzilianten Steinmeier und auch keine politischen Leichmatrosen à la Westerwelle und Rösler an ihrer Seite. Deutscher Vizekanzler wird der ruppige Gabriel, der heute manchmal nicht mehr zu wissen scheint, was er gestern im Brustton der Überzeugung herausposaunt hat. Nicht zu vergessen den Dritten im Bündnis, den schlitzohrigen Seehofer, dem zum perfekten Glück nur noch die Krönung zum König von Bayern fehlt.

Eine schöne Bescherung haben sich die Deutschen eingebrockt…

… denn spätestens seitdem der ausgehandelte Koalitionsvertrag vorliegt und dieser gründlich auseinandergenommen und geprüft wurde, steht fest: Mit ihren Wahlversprechen sind die Verantwortlichen recht lässig umgegangen. Faule Kompromisse, wohin man schaut. Ein Kommentar in der „Süddeutschen Zeitung“ erschien mit der Überschrift „Manifest des Schwindels„, und die Jusos quittierten das umfängliche Vertragswerk mit einem klaren Nein. Da half die ganze Performance einer freudestrahlenden Troika Merkel/Seehofer/Gabriel nach langen Verhandlungstagen und -nächten nichts: Zu offensichtlich sind die Schwachstellen und die Unterlassungssünden, die sich bald auswirken werden.

Und das soll sozialdemokratische Handschrift sein?

Gabriel wird nicht müde zu betonen, wie sozialdemokratisch geprägt der Koalitionsvertrag ausgefallen ist. Doch was sehen wir: Weiterhin bleiben Spitzenverdiener von Steuererhöhungen verschont. Und man muss kein Experte sein, um zu erkennen, dass der Verzicht auf eine Reform der Steuern und Abgaben bei Millionen von Bundesbürgern zu höheren Belastungen führen wird. Das ist ungerecht. Und das Schlimmste daran ist, dass Union und SPD die Familien mit normalem oder geringem Einkommen unterstützen wollten, aber beide wortbrüchig geworden sind. Weder wird das Kindergeld noch der Grundfreibetrag für den Nachwuchs erhöht, geschweige denn Großverdiener werden herangezogen, um Sozialprogramme zu finanzieren.

Stattdessen steigt der Beitrag zur Pflegeversicherung, und die Beiträge zur Rentenversicherung werden nicht vorschriftsmäßig gesenkt. Änderungen bei den Sozialabgaben bekommen durchschnittlich und gering Verdienende deutlicher zu spüren, vor allem wenn sie sich auf rund 1.000 Euro pro Jahr belaufen. Wer über ein hohes Einkommen verfügt, muss deshalb nicht sparen.

Kritisch betrachtet, lässt sich feststellen, dass sich CDU/CSU und SPD inzwischen so angenähert haben, dass sie beide den Pokal als Sieger im Verhindern von Steuererhöhungen holen könnten. Es sieht so aus, als sollten die Spitzenverdiener im Land für immer und alle Zeiten vor Mehrbelastungen geschützt werden, auf dass sie ihren Wohlstand unbehelligt mehren. Ist das das Werk von Christenmenschen, weht hier der Geist sozialdemokratischer Tradition? Von beidem nichts zu spüren, nur schwarzroter Einheitsbrei.

„Aber wir haben doch …“

Was den Roten der Mindestlohn, ist den Schwarzen die Mütterrente: Beide haben einen Teilerfolg vorzuweisen – aber einen, der nicht die gesamte Gesellschaft betrifft, sondern Einzelgruppen. Wohlmeinende Menschen finden noch ein paar weitere Perlen im Koalitionsvertrag – es kommt ganz darauf an, aus welchem Blickwinkel geschaut wird. Doch unter dem Aspekt einer gerechten Lastenverteilung unter den Bürgern haben die Koalitionäre einen Vertrag mit heißer Nadel genäht, verkaufen ihn allerdings als Garantie für ein Plus an Lebensqualität für Deutschland innerhalb der nächsten vier Jahre.

Es sieht so aus, als habe das Votum der Wähler daran einen entscheidenden Anteil. Die GroKo ist ein weiterer Schritt, die letzten Unterschiede zwischen den beiden Volksparteien zu nivellieren. Dabei spielt es zwar eine Rolle, dass der alt gediente Finanzminister Schäuble weiterhin die Staatsknete verwaltet und die Energiewende nun unter SPD-Regie vorangetrieben werden soll. Die neue schwarzrote Regierung bietet viele bekannte Köpfe vor veränderter Kulisse.

Starke Frauen preschen vor

Noch mehr Frauen werden auf Bundesebene ministrabel: Nahles, die Heldin schräger Töne, kümmert sich künftig um Arbeit und Soziales; Schwesig, blond und eloquent, löst die glücklose Schröder ab, und die ebenfalls blonde und eloquente Allzweckwaffe van der Leyen wird auch im Bundeswehr-Tarnanzug weder überhört noch übersehen werden. Und mitten drin, mit kaum sichtbarem Lächeln und aneinander gelegten Fingerspitzen, thront Merkel, die Gewinnerin, aber nicht die Siegerin des Jahres 2013. Es besteht Anlass zu der Annahme, dass sie bis 2017 bleiben wird. Zum Wohle der „Menschen in Deutschland“ oder weil es Spaß macht, Kanzlerin zu sein, selbst in einer GroKo mit den Sozis?

Wie auch immer: Niemand weiß, wie Merkel wirklich tickt (oder doch?), aber dass sie sich auch mit einem ungerechten Koalitionsvertrag (noch) pudelwohl fühlt, das merkt jeder.

Persönlicher Nachsatz: Da ich wählen war, darf ich nun auch über das politische Bullshit Bingo stönen!

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