Freitag , 29 März 2024
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Die Veganer – Besser Esser oder Außeridrische?

316px-Animal transport 1Ja, der Veganismus ist extrem. Wir Veganer sind Gutmenschen und Moralapostel, können nicht genießen und sind Miesmacher, wird immer gern behauptet. Wir Veganer sind die neuen Vegetarier, Ökos, Alternative, Träumer, wir sind emotional ungefestigt und in allem was wir machen – Hauptsache dagegen. Wir finden auf alles eine moralische oder zynische Antwort und wir scheuen uns nicht mit dem erhobenen Zeigefinger durch das eigene tierleidfreie Leben zu stolzieren. Wir entsprechen weder dem christlichen noch dem gesellschaftlichen Idealbild eines Vertreters der Gattung Mensch. Anstatt sich die Erde und die Tiere untertan zu machen, streben wir Veganer nach Gleichstellung tatsächlich aller Tier- und Menschenarten. Als Veganer könnten wir die Sache doch auch wirklich ein bisschen relaxter angehen und vor allem nicht so pedantisch leben, das würde uns Neo-Hippies unseren schwierigen Stand bei den Mitmenschen auch wesentlich erleichtern. Was überhaupt, sollen bitte diese Fleischalternativen, die aussehen, schmecken (sollen) und vor allem dieselben Bezeichnungen tragen wie die echten “Tierprodukte“. Aus Fleischwurst oder Fleischsalat wird einfach ein plakatives (V)leischsalat und damit grenzen wir Veganer uns wirklich ab? Das ist doch zumindest moralisch doppeldeutig oder?

Soja wird zu Tofu und ist des Veganers liebstes (V)leisch

Soja, die Allzweckwaffe unserer veganen Gesellschaft wird zu Tofu, Sojamilch oder auch zu Sahne verarbeitet. Kritisch ist der hormonelle Aspekt des Anteils an pflanzlichen Östrogenen in Tofu und anderen Sojaprodukten, der bei Frauen Brustkrebs begünstigen kann. Lieblingsargument kontra Soja ist aber die Annahme bezüglich genmanipulierter Sojapflanzen, die zusätzlich zum Treibhauseffekt beitragen sollen, weil Soja extrem in der Tierfuttermittelindustrie verwendet wird. Das führt wiederum zum vermehrten Ausstoß von Kohlendioxid der vielen Kühe. Der Sojaanbau ist für die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien verantwortlich – auch immer wieder ein greifendes Argument gegen und veganen Moralapostel. Wir Veggies müssen also einen erheblichen Anteil verantworten, dass unsere Welt immer mehr vor die Hunde geht, ist das so?

Das Soja, welches bei der Nutztierfütterung verwendet wird, hat nichts mit den Sojaprodukten in der menschlichen Nahrung zu tun. Hier wird extrem darauf geachtet, dass das Soja gentechnikfrei biologisch angebaut und verarbeitet wird. Der größte Anteil kommt hier aus regionalen Gebieten, also aus Deutschland, sehr viel auch aus Österreich oder Frankreich. Tatsächlich wird “böses“ Soja nur als Tierfutter verwendet, das gilt auch für die genmanipulierten Bohnen. Die Tiere fressen dieses Futter und landen schließlich auf dem Teller. Soja zum Essen hat also nichts mit dem Regenwaldabrodung und nichts mit dem ökologischen Fußabdruck oder mit der krankmachenden Genmanipulation zu tun. Der Verzehr von Fleisch allerdings schon, das ist Tatsache und eigentlich auch bekannt.

Mythos: Kuhmilch macht stark – Das Gegenteil ist der Fall

Dieses Beispiel ist nur eines von vielen, welches aktuell für viele kontrovers geführte Debatten sorgt. Hier treffen Welten aufeinander und natürlich auch unterschiedliche Generationen. Wie schwer es doch ist, älteren Menschen die Gründe für den Verzicht auf tierische Produkte zu erklären: “Wie du isst kein Fleisch mehr? Und: Wie ist es mit Fisch, das ist ja kein Fleisch? Geflügel? Aber du trinkst doch Milch wegen dem wichtigen Kalzium! Übrigens ganz wichtig zu diesem Thema: Es reifen die medizinischen Erkenntnisse, dass tierisches Eiweiß wie in Kuhmilch, den Kalziumabbau in den menschlichen Knochen verursacht oder begünstigt und zu Osteoporose führt. Also genau das Gegenteil zu dem bislang gültigen Annahmen – von wegen die Milch machts, sie macht es eben nicht, höchstens krank. Alleine der Umstand dass ein Großteil unserer Ziviliation die Milch anderer Lebewesen trinkt, macht uns Einzigartig, das ist bedenklich nicht fantastisch, nein. Dennoch, die Einstellung der Kriegsgeneration ist vielleicht irgendwie nachvollziehbar, vor allem wegen des Mangels an Fleisch und anderer tierischer Produkte. Wie sah es damals mit der industriellen Fertigung von Nahrungsmitteln aus?

Während die Tierverarbeitungsindustrie Massenmord begeht, wird der Konsument mit Werbung besänftigt.

Alles kein Vergleich zu den heutigen Maßstäben der Konsumentenbevormundung großer, mächtiger Konzerne. Neben Fast Food Ketten wie MC-Donalds, Burger King & Co., schaffen es auch nach außen traditionell wirkende Unternehmen wie Rügenwalder, Wiesenhof uund so weiter, den Konsumenten ein idyllisches und harmonisches Gefühl des Genusses, und des guten Gewissens vorzugaukeln. Anstatt der malerischen Rügenwalder Mühle drehen sich in Wahrheit aber nur die blutverschmierten Zahnräder der Wurstverarbeitungsindustrie und bei Wiesenhof flattern die Hühner in ihren automatisierten Tod anstatt auf Wiesen eines Bauernhofes. Moderne Schlachtbetriebe haben ein hohes Pensum der “Produktverwertung“. So werden rund 20.000 Schweine und 500 Rinder pro Tag in einem Betrieb verwurstet – im Sekunden- oder Minutentakt. Bei Hühnern geht es in Betrieben wie Wiesenhof, Stolle und weiteren noch effektiver zu. Dort werden 27.000 Tiere in der Stunde getötet, bei 15 Stunden Schichtbetrieb rund 430.000 Lebewesen am Tag. Damit der Bedarf nach Chicken Nuggets, Brathähnchen und Suppenhühner auch gedeckt werden kann, wird das Geflügel auch aus anderen Ländern angekarrt. Wer Lust hat sich sein Essen vor der Transformierung zu einem appetitlichen Nugget anzuschauen wird im Web ganz schnell fündig, doch Vorsicht der Konsum von diesem Material könnte Folgewirkungen haben. Das kaum vorstellbare Tierleid ist hier kaum in Worte zu fassen. Eine von mir erstellte Infografik zum Thema Tierschlachtungen folgt am Ende des Artikels und veranschaulicht das Ausmaß dieser Tragödie vielleicht deutlicher.

Für die beabsichtigten Ernährungsschäden gibt es vom Fleischpartner “Pharmaindustrie“ den medikamentösen Nachtisch hinterher gereicht.

Eines muss man den großen Schlachtern zu denen auch Clemens Tönnies (ja der von Schalke 04) und Josef Tillmann (Don`t call it Schnitzel – Tillmanns Toastys) gehört, wirklich lassen, die sind effektiv und wenig bis gar nicht verschwenderisch in der Tierverarbeitung, da wird nichts weggeschmissen. Zum Beispiel wird aus dem Schweinedarmschleim das Medikament Heparin gewonnen. Dieses Medikament wird unter anderem zur Vorbeugung von Thrombosen, Blutgerinnseln oder einer Embolie eingesetzt, ebenfalls bei der Behandlung von Herzinfarkten. Praktisch, die Fleischindustrie liefert herzinfarktfördernde Lebensmittel und das Medikament zur Behandlung gleich hinterher. Das ist das System dieser Industrie. Eine Verbindung zur Pharmaindustrie wird zudem nicht grundlos thematisiert. Wer auf das tierische Medikament verzichten möchte, es gibt inzwischen auch synthetisch erzeugtes Heparin.

 

Vegane Ernährung und Vitamin B12

Sich mit all den Verbindungen und Verwirrungen unserer Wirtschaft, der Politik, Industrie, Fleischmafia, Subventionierungen, Absprachen und so weiter, zu befassen, ist sehr komplex. Es gibt zu den bisher genannten Fakten noch viele weitere, welche eine gesunde vegane Ernährung befürworten. Immer mehr Ärzte, Mediziner und Wissenschaftler sprechen sich für eine fleischlose aber auch für die rein vegane Ernährung aus. Doch auch hier spalten sich wieder die Lager, ein elementarer Streitpunkt ist der des Vitamins B12, welches heutzutage nur in tierischen Produkten vorkommt aber auch von rein pflanzlich lebenden Tieren produziert wird. Vegan lebende Menschen müssten also auch in der Lage sein, dieses Vitamin selbst zu erzeugen. Vitamin B12 ist für die Blutbildung, Zellteilung und für wichtige Nervenfunktionen zuständig und lebensnotwendig. Ein Mangel kann zu ernsthaften gesundheitlichen Folgen führen, alleine der Richtwert einer Unterversorgung ist interpretierbar. Vitamin B12 kann leicht durch Nahrungsmittelzusätze supplementiert werden. Das ein Vitamin B12-Mangel generell mit einer einseitigen und ungesunden Ernährung zusammenhängt zeigen Untersuchungen von Menschen, die stark auf tierische Nahrung wie Fleisch, Wurst, Käse oder Milch setzen, also doch kein rein veganes Problem Die Zusammenhänge sind auch hier wieder sehr komplex und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Es gibt auch Meinungen dass bei einer ausgewogenen veganen Ernährung kein Mangel an Vitamin B12 aufkommen würde, da der menschliche Körper sehr wohl in der Lage ist, dieses Vitamin zu produzieren.

Wir Menschen können Entscheiden

Etwas was wirklich zu keiner Diskussion taugt, ist die Tatsache, dass durch Fleisch-, Milch-, und Käsekonsum Lebewesen sterben müssen. Das sich der Mensch aufgrund alter Werte und Ansichten in einer Position sehr weit oben wähnt, quasi über allem, entspricht der Ansicht des vermeintlich Stärkeren. Oft wird gegen die Masstierhaltung gewettert, doch auch durch Bio-Labels und Stempel gibt es eigentlich keinen Unterschied, jedenfalls nicht beim Resultat, auch hier werden die Tiere letztendlich getötet. Ein Argument, dass die Wesen ja nicht wüssten und abschätzen können, dass ihnen der Tod bevorsteht, ist ebenfalls haltlos, das Tier würde sicher nicht freiwillig in den Tod laufen, auf die Teller des Menschen springen ganz sicher auch nicht. Hätte das Tier die Wahl, es würde leben wollen! Es darf und kann aber nicht wählen. Wir Menschen haben die Wahl!
Was bleibt ist der Zusammenhang, dass die Einstellung zum Veganismus vor allem auch verschiedene Charaktereigenschaften des Menschen widerspiegelt. Gerne wird Veganern der Hang zum Extremismus vorgeworfen, dabei ist dies lediglich eine Fähigkeit emotional gerecht und auch logisch konsequent zu leben. Der Überschuss an Einsatz und Eifer, vielleicht auch der moralischen Rechthaberei von mittlerweile ca. 600.000 vegan lebenden Menschen (Pressemitteilung des VEBU online) ist im Gegensatz zu den restlichen knapp 80 Millionen Einwohnern von Deutschland ein sehr geringer Anteil. Dennoch, die Anzahl derer wächst und findet mehr und mehr Befürworter. Im Jahr 2008 zählten sich gerade einmal 0,1 Prozent – also 80.000 Menschen aller Deutschen zu den rein pflanzlich lebenden Menschen. Innerhalb von fünf Jahren hat sich dieser Wert verzehnfacht. Spiegelt diese Entwicklung vielleicht auch die Angst wieder, dass Veganer irgendwann noch mehr werden und die Kontrolle übernehmen könnten? Kommt es sogar so weit, dass der Konsum von Tierprodukten derart verpönt sein wird, dass sich die Menschen ihrer Freiheit und der eigenen Lebensbestimmung beraubt fühlen? Wollen sich die Leute lieber von der Nahrungsmittelindustrie bevormunden lassen sich aber in Selbstbestimmung wähnen?

Alles ist im Wandel – Weiter statt Stillstand

Die Konsequenz eines Lebens fernab von Tierleid kann hingegen ein wichtiger und individuell sehr stark empfundener Schritt hin zur Freiheit bedeuten. Macht man sich wirklich zu einem Außenseiter nur, weil man nicht länger bereit ist, bestimmten genau deffinierten Bildern wie von “Rügenwalder Teewurst“ Glauben zu schenken? Oder wird man zum Außenseiter gemacht, weil die Gesellschaft Angst vor einem Riss im sonst sicheren Gefüge hat? Der Mensch ist seit jeher ein Wesen, welches in Gemeinschaft lebt und seine Stärke im Zusammenhalt findet und begründet. Das war früher bei der Jagd so, bei Kriegen aber auch bei der Existenzsicherung der Sippe, eines Dorfes. Aufkommende Strohfeuer in Form von anderen Meinungen oder Auffassungen wurden gelöscht, bevor sich diese zum Flächenbrand entwickeln und zur ernsthaften Gefahr werden konnten. So verhält es sich noch immer. Dieser Vergleich liegt vielleicht viel näher am Kern, als die Annahme, ein paar unbedeutende Querulanten nicht ernst zu nehmen.

Was ist wenn sich die vegane Idee weiter verbreitet, stehen dann nicht ernsthafte Interessenkonflikte bevor? Es geht ja nicht nur um die Abkehr von tierischen Nahrungsmitteln. Wir Veganer lehnen alle tierischen Produkte ab, dazugehören auch Kleidungsstücke aus Leder wie Schuhe, Taschen oder Jacken. Es geht weiter in der Kosmetikindustrie, wo ebenfalls tierische Bestandteile zum Einsatz kommen, von Tierversuchen ganz zu schweigen. Die Medizin- und die Pharmabranche sind voll von Tierleid. Klar, wir Veganer stellen uns also gegen alles Vorhandene, wollen an den Grundfesten der Gesellschaft rütteln und das schützende Dach der Menschen zum Einsturz bringen. Was sollen all die Menschen machen, die in der Tier- oder Agrarwirtschaft ihre Existenzberechtigung finden? Das geht wirklich zu weit und muss verhindert werden – so könnte der Omnivore skandieren! Dennoch, aus Kritikern werden auch Befürworter, Menschen die ihre Haltung trotz einer Übermacht von Traditionen und deren Verfechter, überdacht und verändert haben.

Der Mut zur Veränderung

Solch ein Beispiel des Sinneswandels findet sich bei Jan Gerdes wieder, ehemaliger Milchbauer im Norden von Deutschland, wo die Milchgewinnung und Verarbeitung einen wichtigen Landwirtschaftsfaktor ausmacht. Jan Gerdes erkannte das Leid seiner Tiere und konnte nicht mehr weitermachen, die tiermoralische Tragweite seiner Tätigkeit fand ihren Weg und ließ den Bauern fast verzweifeln, krank werden. Die Aufgabe seiner Tiere brachte den Wandel trotz akuter Existenzangst. Die letzten Kühe sollten zum Schlachter gebracht werden, passten aber nicht mehr in den Todestransport Richtung Schlachthaus. Die verbleibenden Kühe durften schließlich auf dem Hof bleiben und sollten fortan kein Leid mehr erfahren. Kein Fleisch, keine Kuhmilch, keine Arbeitstiere mehr.
Das Kuhaltersheim Hof Butenland war geboren. Viele Mitstreiter um Jan Gerdes, allen voran die Tierkämpferin Karin Mück haben aus Hof Butenland eine Stiftung gemacht, die dem Tierleid ein Ende setzt und zumindest auf den Landflächen von Butenland den Tieren das Paradies auf Erden schenkt. Hier leben Hühner, Kühe, Hunde, Katzen, Schweine und viele andere Seelen neben- und miteinander. Wer sich über diese Stiftung informieren mag, wird erkennen, dass hinter jedem Tierleben eine wahrhaft große Geschichte steckt, die aus namenlosen Tieren individuelle Geschöpfe macht. Aktueller Star des Hofes ist das kleine Schweinchen “Rosa Mariechen“, die sich am liebsten mit den Kühen im Stall oder auf den Weiden aufhält und viele Herzen zu erobern weiß.

Letztendlich ist es für die Menschen doch egal, welche Gründe es für oder gegen ein veganes Leben gibt. Würde der Mensch den Tieren eine Stimme gewähren, ihnen wäre es ganz sicher nicht egal.

Bildquelle Infografik © Arno Kuss/www.Bunte Texte.de

Bildquelle – Tiertransport: By Izvora (Own work) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

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