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Schon als Kind habe ich vom Fliegen geträumt!

fallschirmspringerMitte März 2012 werden 240 deutsche Fallschirmspringer nach Eloy in Arizona reisen, um innerhalb weniger Tage einen neuen Weltrekord im Formationsspringen zu realisieren. Den vorigen Weltrekord haben sie am selben Ort am 14. November 2008 mit 200 Formationsspringern geschafft. Damals war Gabi Fiala, Physiotherapeutin und begeisterte Formationsspringerin aus Halle, zum ersten Mal dabei. In einem angesagten Pub in Halles Univiertel habe ich mich mit ihr unlängst über ihre Liebe zu ihrem Sport und ihren Beruf sowie ihren beruflichen Werdegang vor und nach 1990 unterhalten.

Ihre Physiotherapiepraxis befindet sich in einem sanierten Altbau in der Innenstadt. Durch den beidseits gespiegelten und in hellen Farben gehaltenen Hausflur gelange ich mit dem Fahrstuhl oder die Stufen herauf in die zweite Etage in die ebenfalls hellen Räume der Praxis. Auf dem Tresen fällt zuerst das schöne, wöchentlich wechselnde Blumengebinde auf, das jeden Montag von derselben Floristin geliefert wird. Während ich mich etwas später auf einer der Liegen den Händen und dem Können von Gabi Fiala überlasse, unterhalten wir uns über dies und das, darunter auch über ihre sportlichen Abenteuer, von denen das nächste sie im März wieder nach Amerika bringt, zum beabsichtigten Weltrekord von 240 Formationsspringern aus ganz Deutschland. Warum sie damit nach Amerika müssen, erklärt mir Gabi Fiala damit, dass es in Deutschland weder so viele Flugzeuge noch so große Landeflächen gibt, wie sie benötigen. Den Rekord im November 2008 beschreibt sie mit den Worten „200 Sportler haben eine Vision, eine Figur am Himmel zu bilden. Wenn das gelingt, ist das einfach super!“

Ihr Interesse für das Fallschirmspringen wurde über ihren Beruf geweckt, genauer gesagt über einen abgestürzten Fallschirmspringer, den sie 1989 wochenlang physiotherapeutisch behandelt hat. Der Mann war Weltmeister im Ziel- und Figurenspringen und über ihn erfuhr sie auch, wo sie sich ausbilden lassen könnte: bei der Gesellschaft für Sport und Technik, einem paramilitärischen Verein, kurz GST genannt. Das wollte Gabi Fiala nicht, aber im April 1990 absolvierte sie in Oppin in der Nähe von Halle ihre erste Fallschirmspringerausbildung ohne GST, weitere Ausbildungen in Cottbus-Neuenhausen und Höxter folgten, dann auch schon im Formationsspringen. „Ich war schon immer gern eine Mannschaftsspielerin, spiele seit Jahrzehnten Volleyball in derselben Mannschaft“, erklärt sie ihre Neigung zum Mannschaftsspringen.

Ich kenne Gabi Fiala seit 1982. Damals waren wir beide neu im Klinikum der Universität Halle, sie als Physiotherapeutin und ich als Biochemikerin, die schon damals ihre Hilfe in Anspruch nahm. Wir begegneten uns danach auch außerhalb des Klinikums, verkehrten in ähnlichen Kreisen, die unter den damaligen DDR-Verhältnissen eher als unangepasst galten. Wir blieben beide auch nach 1990 in Halle, obwohl viele unserer Freunde bis 1989 die Stadt und das Land bzw. den Staat verlassen haben und nur wenige später wieder zurückgekehrt sind. In Gabis Geschichte findet sich daher auch manches wieder, was ich und Andere ähnlich erlebt haben.

Nach ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin und mehreren Anstellungen in verschiedenen Kliniken der Universität kam sie 1982 in das neu erbaute Klinikum am Rande der Stadt.

Anfang 1984 stellte sie einen Antrag auf Selbständigkeit, weil sie etwas Eigenes haben und ihr eigenes Konzept umsetzen wollte. Sie musste dazu etliche Anträge bei mehreren Behörden der Stadt und des Bezirks stellen – aber wie in den meisten vergleichbaren Fällen kam die Ablehnung rasch und endgültig. „Ich war damals wütend und enttäuscht zugleich. Ich hatte eine Top-Ausbildung, hatte mehrere Zusatzausbildungen gemacht und wollte mir etwas aufbauen. Aber ich bekam keine Möglichkeit dazu“, sagt sie in Erinnerung an diese Zeit. „Mir blieb nichts Anderes übrig, als weiter im großen Physiotherapie-Pool des Klinikums zu arbeiten, als eine von 30 Therapeuten!“ Nach zwei unbefriedigenden Jahren auf verschiedenen Stationen konnte sie in die Unfallchirurgie wechseln, dank der Empfehlung ihrer Chefin, die rasch merkte, was Gabi „drauf“ hatte. „In der Unfallchirurgie hat mir die Arbeit wieder Spaß gemacht. Wir waren ein prima Team aus Ärzten, Schwestern und Physiotherapeuten und ich konnte selbst entscheiden, wie ich die komplizierten Brüche und andere Krankheitsbilder am effektivsten behandeln würde“, so Gabi Fiala heute.

Das ging so bis 1990 und dem Ende der DDR. Dann änderte sich vieles, auch im Klinikum und in der Unfallchirurgie. „Nachdem einer der drei Oberärzte, ein allseits geschätzter Kollege, entlassen wurde, verschlechterte sich das Klima auf der Station rapide. Dazu mussten wir Physiotherapeuten jetzt jede Behandlung dokumentieren, was auch auf Kosten der Patienten geschah, weil wir nun weniger Zeit für Behandlungen hatten. Das Arbeitsklima wurde immer schlechter und die Arbeit befriedigte mich immer weniger. 1992 dachte ich wieder darüber nach, mich selbständig zu machen“, sagt sie. Kurz darauf wurde sie von einem ehemaligen Praktikanten gefragt, ob sie mit ihm zusammen eine Gemeinschaftspraxis eröffnen wolle. Er hätte bereits die Räume dazu, aber nicht den nötigen Physiotherapie-Abschluss, weshalb er sich an sie wende. Sie überlegte nicht lange, stimmte zu und im November 1993 eröffneten sie zu zweit eine Physiotherapie-Praxis, die sie einige Zeit später jedoch als getrennte Praxen führten.

Im April 2001 konnte Gabi endlich ihre eigene Praxis eröffnen, in einer ehemaligen Poliklinik, in der sich außer ihrer noch einige Arztpraxen befanden. Das Haus wurde einige Zeit später verkauft und die Suche nach neuen Räumen begann erneut. Im April 2004 eröffnete Gabi Fiala die Praxis, in der sie heute noch praktiziert und in der sie auch viel an neuer Technik investiert hat. Ihr Team, das anfangs aus drei Therapeutinnen und ihr bestand, hat sich um zwei Therapeuten, erstmals ist auch ein Mann dabei, erweitert, jeder und jede von ihnen hat mehrere Zusatzausbildungen absolviert. „Ich habe alles richtig gemacht“, sagt Fiala, „ich habe meine Mitarbeiter zu Weiterbildungen geschickt, die sie interessieren und in mein Praxiskonzept passen. Ich habe immer ein hohes Niveau in der Diagnostik und Behandlung angestrebt, und das will ich halten!“

Fiala hat sich in den vergangenen Jahren zur Osteopathin ausbilden lassen, allein die Grundausbildung dauerte fünf Jahre und musste meist an den Wochenenden absolviert werden. Aber die Ausbildung hat sich für sie aus vielen Gründen gelohnt und sie überlegt schon, weiter zu machen. „Mein früherer Chef hatte einen Lieblingsspruch: ‚Was weh tut, ist nie die Ursache.’ Ich wusste, dass er Recht hatte. Als ich das erste Mal etwas über die Osteopathie erfuhr, dachte ich sofort, dass das was für mich wäre. Inzwischen weiß ich, dass die Osteopathie andere Methoden- und Behandlungsansätze bietet, mit denen ich Ursachen von Krankheitsbildern besser einschätzen und bessere Behandlungsmethoden anbieten kann, aber auch weiß, wann ein Arzt notwendig ist.“

Wir sitzen noch immer im Pub, in dem sich Gabi Fiala auch einmal in der Woche mit ihrer Englischlehrerin trifft: Anna, einer Russin aus Moskau, die vor Jahren nach Halle gezogen ist. „Als ich 2003 das erste Mal zum Fallschirmspringen in Amerika war, konnte ich kein Englisch und habe mich damit nicht wohl gefühlt. Nachdem ich zurück war, habe ich über eine Sprachschule Anna gefunden. Wir haben uns sofort gut verstanden und seitdem lerne ich mit ihr Englisch“, erzählt sie mir. An diesem Abend im Pub kommt sie noch einmal auf das Fallschirmspringen. „Die Höhe war schon immer meine Leidenschaft und schon als Kind habe ich vom Fliegen geträumt. Für das Fallschirm-Formationsspringen braucht man außerdem absolute Körperbeherrschung, volle Konzentration und fliegerisches Können. Auch stressresistent muss man sein, denn nicht alles klappt sofort, an jedem Tag und bei jedem Wetter!“ Bleibt mir nur, ihr und den Anderen für Ihren geplanten Weltrekord im März Glück und gutes Gelingen zu wünschen!

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