Freitag , 19 April 2024
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Wellmanns Wilde Wochen: Die Sache mit dem Fernsehen

wellmanns_wilde_wochenMan kommt ja irgendwie nicht drum herum. Wenn man wissen will was das Volk bewegt und beschäftigt, dann bleibt einem nichts anderes übrig, als auch irgendwann mal den Fernseher einzuschalten. Wenn man vom frühen Nachmittag bis zum Abend schon mal so durch die Programme zappelt, bekommt man eigentlich einen recht guten Überblick. Will man sich noch so richtig die Kante geben, dann zieht man sich man sich auch noch den abendlichen Hardcore rein. „Bauer sucht Frau“, „Die strengsten Eltern der Welt“, „Frauentausch“, oder eben das Dschungelcamp, um nur einige der Angriffe auf die Restbestände des menschlichen Verstandes zu nennen. Nicht zu vergessen die Krönung des geistigen Auswurfs: „X Diaries“.

Es ist immer so ein wenig wie bei einem ganz schlimmen Unfall. Man starrt mit völliger Fassungslosigkeit drauf, weil man gar nicht glauben kann was sich einem da bietet und wendet sich dann nach einigen Minuten in aufsteigender Übelkeit ab, um sich nicht auf den Tisch zu übergeben. Aber man lernt eben auch sehr viel. Nämlich auf welchem Konversationsniveau sich der Großteil seiner Mitbürger gerade bewegt. Denn immerhin sind diese Sendungen dann am Vormittag die beherrschenden Themen am Arbeitsplatz, in der Schule, oder auch in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Dabei ist das eigentlich Fatale gar nicht mal die Tatsache, dass diese Sendungen überhaupt Thema sind, sondern die Ernsthaftigkeit mit der sie betrachtet werden. Es gibt also noch genug Menschen die wirklich denken die Protagonisten dieser Sendungen würden tatsächlich in ihrem natürlichen Lebensraum gefilmt. Dabei wird der Umstand, dass sich immer ein komplettes Kamera Team in unmittelbarer Nähe befindet, einfach ausgeblendet. Das also, zum Beispiel, der kleine Junge von einem Mitarbeiter des Filmteams dazu angehalten wird jetzt mal besonders böse zu sein, auf seine Mutter einzudreschen und sie mit „Alte Votze“ zu betiteln, damit danach die „Super Nanny“, mit besorgtem Gesicht ihr pädagogisches Werk tun kann, interessiert keine Sau, sondern lediglich die eigene Motivation dem kleinen Drecksbengel mal so richtig eine runter zu hauen.

Und was das Fass der Erträglichkeit dann schließlich zum überlaufen bringt, ist die Tatsache, dass nicht nur der Fernsehzuschauer diese Scheinwelt als real ansieht, sondern die sorgsam ausgesuchten, sogenannten „Laiendarsteller“ in diesen Sendungen auch noch stolz darauf sind mal im Fernsehen gewesen zu sein und sich in keinster Weise daran stören, wie sie vor einem Millionenpublikum, gleich einer Freak-Show zu eben dieser Schau gestellt werden. Je peinlicher die Vorstellung, desto besser für die Einschaltquote. Wenn jeder mal kurz darüber nachdenkt, wie sich dieser Eingriff in menschliche Defizite auf sich selbst auswirkt, wird man wohl kaum umhin kommen, eine gewisse Befriedigung, wenn auch in individuell unterschiedlicher Form, festzustellen.

Und ich sage mal, es gibt niemanden, der sich dieser emotionalen Manipulation jederzeit bewusst ist. Oder doch? Und wenn, warum ist es dann möglich das solche Fernsehformate in einer Menge vorhanden sind, die kaum noch überschaubar ist. Was passiert hier also mit uns? Ob wir nun eine ablehnende, zustimmende, oder völlig gleichgültige Haltung dazu einnehmen. Ist es vielleicht so, dass es uns schlichtweg ablenkt, ja ablenken soll, von Dingen die im Leben wirklich wichtig sind? Vielleicht können wir diese Frage ja hier einmal diskutieren.

dieter_nuhrZum Schluss noch ein Blick auf den gestrigen Freitag, an dem nicht nur das Dschungelcamp lief sondern vorher ein ganz neues Format, mit dem Titel „Typisch Frau, typisch Mann“. Im Grunde das gleiche Prinzip, nur eben vermeintlich live, vor Publikum. Wer schon mal Gast, oder sogar Teil einer solchen „Live-Sendung“ war, der wird wissen, dass da ein Aufnahmeleiter, vor Beginn der Aufzeichnung vor das Publikum tritt und es bittet jetzt mal, so drei bis vier Mal, wie die Vollirren zu klatschen und zu johlen, „uffda uffda Huuuu“ zu machen und überhaupt überschäumende Begeisterung zu dokumentieren. Das ist denn das was der Fernsehzuschauer meist als spontanen Beifall, oder Begeisterungsbekundung zu sehen bekommt. Gut platziert und natürlich nachträglich rein geschnitten. So funktioniert übrigens jede, „wahnsinnig lustige“ Comedy-Sendung im Fernsehen, denn sie würden nicht glauben, wie oft es selbst dem hörigen „Live-Publikum“ schwer fällt den „Hammer-Gag“ auch als solchen zu erkennen. Aber das jetzt nur mal nebenbei.

Was ich hier eigentlich zum Ausdruck bringen will, ist meine grenzenlose Enttäuschung über Kollegen, die man in dem, in Unüberschaubarkeit der „Reality-Soaps“ in nichts mehr nachstehenden Comedy-Einheitsbrei bis vor Kurzem als wenigstens noch anschaulich gehalten hat. Das sich ein Atze Schröder und ein Mike Krüger für die BILD Zeitung prostituieren, war bei allem Unverständnis noch irgendwie nicht überraschend. Dass sich allerdings ein Dieter Nuhr für einen solchen Mist hingibt, der vor schwachsinnigen Pauschalisierungen á la Mario Barth nur so trieft, ist schon erschreckend.

Da muss selbst ich meinem alten Kollegen Mario Barth mal bescheinigen, dass seine Show inzwischen wenigstens nette Abendunterhaltung geworden ist, was vielleicht daran liegt, dass jeder Mensch irgendwann älter und reifer wird. Zu was der Herr Nuhr da jetzt aber regrediert ist und welche Entwicklungsstufen uns noch bevorstehen, wage ich jetzt einfach nicht aus zu denken.

Ich wünsche ein heiteres Wochenende

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