Freitag , 19 April 2024
Startseite » Gesellschaft » Soziales » Hoppe hoppe Reiter, zahl`n wir nicht, dann schreit er

Hoppe hoppe Reiter, zahl`n wir nicht, dann schreit er

hippokratesEs war einmal ein Mann, welcher Hoppe hieß. Dieser war gar ein mächtiger Häuptling, welcher dem Stamm der Medizinmänner vorstand. Lange hatte er den Stamm zu dessen vollster Zufriedenheit geführt. Er hatte es tatsächlich geschafft, dass alle Mitglieder des Stammes im Jahr € 165.000,– verdienten. Verdienen war das richtige Wort, wie der bald abtretende Häuptling fand, ja verdient. Eines aber lag ihm sehr im Herzen. Die Mitglieder des Stammes mussten dafür hart arbeiten. Das passte dem Hoppe nicht, gar nicht.  Also nahm er sich des Problems an.

Sein Vorgänger hatte ebenfalls schon an diesem Problem zu knabbern gehabt. Wenigstens hatten seine beschränkten Mittel damals ausgereicht, um ein formidables Gebiss sein Eigen nennen zu können. Sonst wäre das mit dem Nagen und dem Knabbern schwierig geworden. Dieser Nagegebissträger hatte also vorgeschlagen, etwas wie das „sozialverträgliche Frühableben“ endlich einzuführen. Dann hätte der Stamm weniger Arbeit ohne Einkommensverlust, das war ganz wichtig. Und weniger Arbeit hätte für die Mitglieder des Stammes bedeutet, sie wären nicht unmittelbar vom sozialverträglichen Frühableben betroffen gewesen. Damals, im Jahr 1998, da wollten ihn die Frühableber nicht verstehen. Auch der Versuch mittels Alkoholausgabe der „Frühab-Leber“ zu ihrem Recht zu verhelfen, auch das klappte leider nicht.

So war das Problem auf ihn übergegangen, und er wollte es doch sehr gerne lösen, bevor er sich auf den Berg der Erkenntnis zurückziehen konnte. Und da kam ihm die Rettung, die Erkenntnis, schon bevor er überhaupt den Berg erklommen hatte.

Man würde für die Behandlung denselben Maßstab anlegen, wie bei den Einkommen, die Rechnung nach Kosten und Nutzen vornehmen. Wer über genug Material verfügte, dem konnte man mit Fug und Recht schnelle und umfassende Behandlung zusichern, sogar einen Regentanz auf dem OP-Tisch. Wer etwas vom kostbaren Geld besaß, der durfte das Wartezimmer, es sollte eine ganz neue Bedeutung bekommen, ebenfalls betreten. Die Experten der Medizinmänner, alle reichhaltig entlohnt, sie würden feststellen, ob das Kopfweh wirklich behandelt werden musste, oder ob es nicht auszuhalten wäre.

Für Menschen mit gebrochenen Beinen aus dieser Kostenstelle würde man eine Zweimann-Sänfte zur Verfügung stellen. Hier war real anzunehmen, dass sich genug schwarzarbeitende H4-Empfänger in Verwandtschaft oder Bekanntschaft befanden, welche den Kranken, welcher nicht operiert werden konnte – wegen der Kosten, solange via Sänfte bewegten, bis eine Heilung auf natürlichem Wege erfolgte. Klappte das mit Heilung nicht, dann käme es endlich doch zum sozialverträglichen Früh… Die Gruppe ohne Geld würde schnellstens aus dem Angesicht der anderen Menschen entfernt. Dann war der unschöne Anblick und auch der Kostenfaktor verschwunden, bravo. Häuptling Hoppe freute sich so sehr, dass er sofort seinen Steuerberater anrief und ihn in das Expertengremium berief, gegen Bezahlung natürlich.

Einer dieser Menschen, welche sich ebenfalls Ärzte nennen durften, warum auch immer, er erinnerte den Häuptling an den Eid, welchen sie alle geleistet hatten. Dieser war vor Urzeiten von Häuptling Hippokrates eingeführt worden und ging so:

Ich schwöre und rufe Apollon, den Arzt, und Asklepios und Hygeia und Panakeia und alle Götter und Göttinnen zu Zeugen an, dass ich diesen Eid und diesen Vertrag nach meiner Fähigkeit und nach meiner Einsicht erfüllen werde.

Ich werde den, der mich diese Kunst gelehrt hat, gleich meinen Eltern achten, ihn an meinem Unterricht teilnehmen lassen, ihm wenn er in Not gerät, von dem Meinigen abgeben, seine Nachkommen gleich meinen Brüdern halten und sie diese Kunst lehren, wenn sie sie zu lernen verlangen, ohne Entgelt und Vertrag. Und ich werde an Vorschriften, Vorlesungen und aller übrigen Unterweisung meine Söhne und die meines Lehrers und die vertraglich verpflichteten und nach der ärztlichen Sitte vereidigten Schüler teilnehmen lassen, sonst aber niemanden.

Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden.

Auch werde ich niemandem ein tödliches Gift geben, auch nicht wenn ich darum gebeten werde, und ich werde auch niemanden dabei beraten; auch werde ich keiner Frau ein Abtreibungsmittel geben.

Rein und fromm werde ich mein Leben und meine Kunst bewahren.

Ich werde nicht schneiden, sogar Steinleidende nicht, sondern werde das den Männern überlassen, die dieses Handwerk ausüben.

In alle Häuser, in die ich komme, werde ich zum Nutzen der Kranken hineingehen, frei von jedem bewussten Unrecht und jeder Übeltat, besonders von jedem geschlechtlichen Missbrauch an Frauen und Männern, Freien und Sklaven.

Was ich bei der Behandlung oder auch außerhalb meiner Praxis im Umgange mit Menschen sehe und höre, das man nicht weiterreden darf, werde ich verschweigen und als Geheimnis bewahren.

Wenn ich diesen Eid erfülle und nicht breche, so sei mir beschieden, in meinem Leben und in meiner Kunst voranzukommen, indem ich Ansehen bei allen Menschen für alle Zeit gewinne; wenn ich ihn aber übertrete und breche, so geschehe mir das Gegenteil.

(Wortlaut der altgriechischen Übersetzung, aus WIKIPEDIA entnommen)

Heureka, rief der Häuptling Hoppe, das war auch griechisch – er hatte nämlich die Lösung gefunden.

Er formulierte wohlfeil den Eid des Hoppe, welcher den monetären und erholungswissenschaftlichen Teil enthielt, welcher in der Urform nicht vorhanden war. Es handelte sich schlicht um eine Ergänzung, die da lautete:

Dies alles soll nur geschehen, wenn die oder der Kranke Geld, Gold, Silber, seltene Erden, Edelsteine, Vieh, Aktien, Unternehmensanteile, Ölquellen, und vieles andere mehr hat. Ansonsten gilt das, was Häuptling Hippokrates formuliert hatte nicht.

Damit war alles gesagt. Die Ergänzung wurde beim Treffen der Medizinmänner einstimmig angenommen. Häuptling Hoppe war glücklich, erhielt einen großen Blumenstrauß und eine noch größere Abfindung und zog sich auf den Berg der Erkenntnis zurück. Das hatte er sich verdient. Die anderen Medizinmänner fielen auch nicht dem sozialverträglichen Frühableben zum Opfer. Deshalb leben sie alle heute noch – gut verdienend und fidel.

© Peter Reuter

Check Also

Ungleichheit in Deutschland: Armut steigt und verfestigt sich

Inhaltsverzeichnis1 Die Schere öffnet sich stetig weiter2 Nimm von den Armen, gebe den Reichen3 Der …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert