Mittwoch , 24 April 2024
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Die Grenzen der Moral

wellmanns_wilde_wochenVielleicht erinnern Sie sich…, oder nee, ich sag heute einfach mal Du zu Sie. Geht ja schließlich auch um ein besonders intimes Thema. Also, vielleicht erinnert Ihr euch an meinen ersten Artikel hier bei meinem Lieblings-Informationsportal. Dort schrieb ich über die Gratwanderungen des Humoristen, wenn es um Themen geht, die beim Leser, oder Zuschauer an eine Grenze stoßen. Das man dabei jederzeit auf die eine, oder andere Seite runter und böse auf die komödiantische Schnauze fallen kann, liegt vor allem daran, dass diese Grenzen bei jedem individuell, aufgrund von frühkindlicher Konditionierung und mehr oder weniger erfolgreicher Sozialisation, gesetzt sind. Zusammen mit gesammelter Lebenserfahrung und intellektueller Auffassungsgabe wird dies dann, gemeinhin als Meinung bezeichnet und steht dem Unterhaltungsfaktor des Künstlers als Bewertungskriterium gegenüber.

Leider wird diese Bewertung nur allzu oft auch auf die persönliche Schiene verlagert, was dann nicht nur zur Beurteilung der Sache Humor an sich, sondern auch zur, teilweise sogar bitteren, Ver-Urteilung des Menschen, in diesem Falle des vortragenden Künstlers führt. Um es einfach zu sagen, es bleibt dann nicht dabei den Vortrag als „nicht unbedingt mein Humor“, oder eben „genau mein Humor“ zu bezeichnen, sondern geht soweit, dass man sich dazu hin reißen lässt zu sagen: „Der is ja Scheiße! Den kann ich nicht leiden.“ Das gleiche gilt natürlich wenn es sich um eine „Die“ handelt. Damit rede ich jetzt nicht von dem psychologischen Phänomen dem Schauspieler, der eine böse oder dümmliche Rolle spielt, diese Eigenschaften auch als Mensch zuzuschreiben, was sicher jedem schon mal irgendwie passiert ist. Sondern in diesem Fall dem Humoristen, dessen Spaßfaktor man für sich persönlich analysiert und bewertet. Geht es dabei nicht um die mutwillige Provokation, sondern eben um die reine Unterhaltung, hat man als Künstler auf der Bühne, mit ein wenig Berufserfahrung noch die Möglichkeit diese Reaktion in seinem Sinne zu beeinflussen. Als Autor, oder als Blog-Betreiber ist man dem aber gnadenlos ausgeliefert, da man nicht die Möglichkeit hat, für sich zu entscheiden, ob man dem Publikum den nächsten Gag vielleicht heute besser nicht zumutet.

Ein Beispiel aus der Praxis dieser Tage

Das Thema Suizid gehört zu eben diesen Gratwanderungen. Behandeln wir dieses Thema mit dem altbekannten Gag: „Verspätungen bei der Bahn nehmen drastisch zu. Selbstmörder beim Warten auf den Schienen eines natürlichen Todes gestorben“, so kann man sich einer allgemeinen Belustigung relativ sicher sein. Und das obwohl das Thema Tod an sich, eigentlich ein Tabu ist. Wird das gleiche Thema, nämlich Selbstmord, der ja auch in vielen Religionen als Todsünde gesehen wird, am Beispiel des Freitods eines bekannten Fußballspielers behandelt, dann geht die Entrüstung soweit, dass die Urheber selbst mit dem Tode bedroht und auf vielfältige Weise beschimpft werden. Dabei sei jetzt die Qualität des Niveaus erst mal dahin gestellt. Die Beispiele könnte man jetzt auch auf vielerlei Art ausweiten, auf Randgruppen, Behinderte, religiöse Gruppen, Kranke allgemein, etc. Die spannende Frage, die sich hier einfach aufwirft ist, inwieweit ist es erstens angebracht, so etwas persönlich zu nehmen und vor allem warum? Und zweitens, wie ist eine Moral zu betrachten die auf der einen Seite jeden Tag still bleibt, wenn es um unzählige Ungerechtigkeiten geht, um ein Kinder krank machendes Schulsystem, um Hunger, um die Zerstörung unseres Planeten und vieles andere, während sie sich bei der Frage des Geschmacks von schwarzem Humor bis zur Lychnjustiz steigert.

Wo also fängt Moral an und wo findet sie ihre Grenzen? Und sind unsere moralischen Vorstellungen einzig und allein nur Ergebnis der oben benannten Kriterien, also Konditionierung, Sozialisation, Lebenserfahrung und die daraus resultierende Meinungsbildung, oder gibt es hier eine natürliche Logik?

Vielleicht können wir hier gemeinsam darüber nachdenken, also nicht nur unsere Meinung dazu äußern und zu sagen wie ich, oder ihr damit umgehen würden, sondern die Frage an sich zu betrachten und zu diskutieren.

Ich wünsche allen, gleich welcher Herkunft, welchen Glaubens, oder welchen Geschmacks, ein geruhsames und gesegnetes Wochenende.

Ein Beitrag von Oliver Wellmann.

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