Donnerstag , 25 April 2024
Startseite » Feuilleton » Kultur » Amazon Kindle – eBook-Reader und IKEA Billy-Killer

Amazon Kindle – eBook-Reader und IKEA Billy-Killer

amazon_kindleHand aufs Herz, haben sie schon einmal ein IKEA Regal, Modell Billy, aufgebaut? Wenn ja, dann war der Grund sehr wahrscheinlich, um im Anschluss an die hoffentlich gelungene Montage die bereits vorhandenen und noch kommenden Bücher darin aufzubewahren. Damit könnte zumindest mittelfristig Schluss sein, ein kleines aber feines Wunderwerk der Technik, Amazons eBook-Reader Kindle, kann Abhilfe und vor allem Platz schaffen. Ein 14-tägiger und vollkommen subjektiver Intensivtest hat den Schreiber dieser Zeilen überzeugt: dem Gerät gehört die Zukunft!

Um dieser Aussage noch mehr Gewicht zu verleihen, muss man wissen, dass ich mich gerne als Leseratte und Fan von Holzmedien bezeichne. „Ein Buch ist ein Buch und das ist durch nicht zu ersetzen“, so habe ich es noch vor Testbeginn lauthals von mir gegeben. Zur Not auch ungefragt. Und warum dieser Test rein subjektiv vonstattenging, liegt allein daran, dass die Existenz von anderen eBook-Readern schlichtweg ignoriert wurde und auch die rein technischen Details, wie Akkulaufzeit (bis zu 2 Monate), Format-Kompatibilität (u.a. auch PDF, MP3 etc.), Speicherplatz (bis zu 3500 Bücher = bis zu 30 Billy-Regale, je nach Größe) und die E-Ink Technologie (lesen wie auf „echtem“ Papier, auch bei Sonneneinstrahlung, sowie extrem energiesparend) hier keine besondere Rolle spielen sollen. Den Technikfreaks wird die Beschreibung bei Amazon sicherlich alle Fragen beantworten.

Bevor ich aber zu den persönlichen Eindrücken komme, sei ein wirtschaftlicher Aspekt angesprochen, der für die Verwendung eines Kindle spricht: Die meisten, der als Kindle Version angebotenen Bücher, sind in der Regel deutlich preisgünstiger, als die gedruckten Ausgaben. Je nach Schlagzahl des Lesenden ist der Break-Even Punkt also früher oder später erreicht und die 139 € Anschaffungskosten haben sich amortisiert. Sofern man das 3G-Modell mit lebenslanger Gratis-Mobilfunk-Verbindung für 189 € ins Auge fasst, dauert es ein paar Bücher länger, dafür kann man aber auch an jedem Ort der Welt, der einen Funkmast in der Nähe hat, Bücher herunterladen und ist nicht auf eine WLAN-Verbindung oder einen Computer angewiesen. Dass zudem noch ein ökologischer Gesichtspunkt ins Spiel kommt – Papier ist nicht mehr notwendig, die Wälder werden es danken – mag dem einen oder anderen die Kaufentscheidung zusätzlich erleichtern. Und nur am Rande: Auch Billy-Regale kosten Geld!

Nun aber zu den Punkten die mich zum Kindle-Fan gemacht haben und ich bin sicher, damit stehe ich nicht alleine auf diesem Planeten. In der „guten alten Zeit“ war es so, dass man sich das Objekt der Begierde ausgesucht hat und dann entweder eine Online-Bestellung aufgeben oder den Buchladen seines Vertrauens aufsuchen musste, um das Werk dann irgendwann in Händen zu halten, mögliche Wartezeiten inklusive. Diese Zeiten sind vorbei, maximal 60 Sekunden nach der Kaufentscheidung kann das Lesevergnügen beginnen, in den meisten Fällen kann vorab sogar eine nicht ganz unerhebliche Leseprobe heruntergeladen werden, kostenlos versteht sich, die manch potentiellen Fehlkauf direkt ausschließt.

Ab und an passiert es auch dem belesensten Leser, dass er über ein ihm bislang un- oder nicht genau bekanntes (Fremd-)Wort stolpert. Der Griff zum Duden und dem Fremdwörterbuch oder der Gang zum Wikipedia-Terminal ist von nun an nicht mehr nötig. Einfach mit dem Cursor das Wort markieren und schon erscheint eine entsprechende Erklärung, die zur Not auch einen weiterführenden Link zu Wikipedia bereithält. Perfekter geht’s nicht. So macht lesen noch mehr Spaß.

kindle_leselampeWeiterhin lieben gelernt habe ich die Memory-Funktion, die das einknicken von Buchseiten oder Lesezeichen zur Markierung der zuletzt gelesenen Seite unnötig macht. Die kostenlos und in großer Menge verfügbaren Klassiker der Weltliteratur – darunter Werke von Edgar Allen Poe, Karl May, Goethe etc. – die als Kindle-Version zur Verfügung stehen und die dem Testgerät mitgelieferte „Buchhülle“ mit Leselampe, die auch in vollkommener Dunkelheit dem Lesevergnügen alle Möglichkeiten bietet. Ob das gute Stück allerdings 59 € wert ist, muss jeder selbst entscheiden, eine normale Leselampe tut’s natürlich auch.

Zu guter Letzt sei noch der Hinweis erlaubt, dass besonders die Besitzer von Katzen oder anderen Haustieren ihre helle Freude an einem Kindle haben werden. Vorausgesetzt, das Tier ist ein begeisterter Kuschler und liebt es mit Herrchen auf dem Lesesessel zu liegen und ihm die Sicht auf die Buchseiten zu verwehren. Dem schlanken Format und der Unnötigkeit des beidhändigen Umblätterns sei Dank, kommt auch der animalische Teil der Familie zu seinem Recht. Unser Redaktionskater ist zumindest ausgesprochen zufrieden mit dem Kindle. Aber auch Nicht-Tierbesitzer, die es sich schon einmal mit einem 1000-Seiten-Roman auf der Couch „bequem“ gemacht haben, werden die Vorteile erkennen.

Um sich selbst von den Vorzügen und Funktionen des Kindle zu überzeugen, gibt es vor – oder auch anstatt – dem Kauf der Hardware, die Möglichkeit eine kostenlose Kindle-App auf den PC, den Mac, das Tablet oder das Smartphone zu laden und alles ausführlich zu testen.

Fazit: Der Kindle und wahrscheinlich auch noch manch eBook-Reader eines anderen Herstellers, wird über kurz oder lang das Buch in seiner heute bekannten Form ablösen, da bin ich mir relativ sicher. Mein Bedauern darüber ist maximal zwiegespalten, für die Buchhändler tut es mir leid und IKEA wird die rückläufigen Billy-Zahlen verkraften. Dafür besteht aber die Chance, dass in Zukunft wieder mehr Menschen zu einem „Buch“ greifen und der Glotze öfter einmal eine Absage erteilen. Aktuell stehen rund 750.000 Titel in deutscher Sprache zur Verfügung. Zumindest die ein oder andere Ausrede es nicht zu tun, gehört der Vergangenheit an. Ebenso wie der Ärger über das Fehlen einer für den Bücherregalbau unglaublich wichtigen Schraube.

Check Also

Wo sind unsere Wurzeln?

Manchmal denke ich über das Wort „Versuch“ nach. Wenn wir versuchen, suchen wir auch, z. …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert