Freitag , 29 März 2024
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Fukushima Werkstatt-Texte – Eine Einladung

haiku_froschIch habe zum Thema „Fukushima“ bisher nichts geschrieben, keinen längeren Text veröffentlicht. Der Grund ist ein ganz einfacher – es hat mir die Sprache verschlagen. Am 2. Mai werden Musikerinnen und Musiker gemeinsam mit Schreiberinnen und Schreibern einen Abend* gestalten. Für den Abend erbat sich der Freund, Lyriker und Organisator dieses Abends Christoph Köhler als Textform nur Haiku und Tanka, welche von uns auszuwählen seien. Ich möchte an diesem Tag keine fremden Texte lesen, es sollen, es müssen eigene Texte sein.

Ich habe mich also an den Schreibtisch gesetzt und den Füllfederhalter zur Hand genommen. Die nachfolgenden Texte entstanden an mehreren Tagen an ganz unterschiedlichen Orten. Ihnen eigen ist der Respekt der 5-7-5-Silbenregel, auch bemühte ich mich darum, dass sich im Haiku gemäß der strengen Regel kein Wort wiederholt. Nun zu den Texten:

Ich schreibe mit dem
Füllfederhalter leise
schwarz und meine weiß. 

Freundin in Japan
klagt nunmehr über Halsweh,
hofft stark auf Husten. 

Im Wintergarten
beschloss der Bambus heute
nun hier zu bleiben. 

Terrassennächte,
sternenklarer Augenblick,
Dunkelheitenstrahl. 

Neben meiner Angst
macht sich Unbehagen breit,
Verrat an Kindern.

Brief nach Tokio,
gute Wünsche, Hoffnungen,
schreiben nicht zurück. 

Ich fragte Seele,
Angst ohne Angst, geht das?
Die Tränen tropfen. 

Darüber schreiben
hilft mir, vielleicht sogar dir,
nur nicht dieser Welt. 

Die kleine Raupe,
fast schon ein Schmetterling.
Es wird nicht reichen. 

Die hohe Welle,
scheinbar war sie viel zu kalt.
Heizen nun das Meer. 

Das Restrisiko
als Wort ist ungefährlich,
nur die Redner nicht. 

Wie jeden Morgen
war Wasser lebenswichtig.
Überleben auch. 

Sanfter Hang, Hügel,
Eilen, der Höhe wegen.
Berg nicht hoch genug.

Frage nach dem Sinn
stellte sich seiner Seele.
Großes Erstaunen. 

Meine Vorstellung,
menschliches Schicksal meinend.
Strahlen ist anders. 

Hiroshima war
vergessen und nicht wichtig,
und die Zukunft strahlt. 

Meine Art, sie ist
nur schreiben, schreiben, schreiben,
und die lesen nicht.

Ich denke, bis zur Lesung habe ich noch viele Gedanken zu formulieren – Sprachlosigkeit soll nicht stören dürfen.

 

* Informationen zur Lesung:

Franz Kafka Literaturbühne Karlsruhe, Lesungen und Literaturprojekte im A&S Bücherland

„… IM FALLOUT ZERGEHT`S“

Haiku & Tanka

MahnLesung anläßlich der Fukushima-Katastrophe

 

2. Mai 2011 um 20.00 Uhr

A&S Bücherland

Rintheimerstrasse 19 in Karlsruhe

 

Der Eintritt ist frei – Spenden für Strahlenopfer sind erbeten. Eine herzliche Einladung ergeht an alle.

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