Samstag , 20 April 2024
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Duftkerzen – Oder: Warum ich meine Frau trotzdem liebe

duftkerzeDas Auge isst mit, das kann man als allgemeingültige Formulierung durchaus so stehen lassen. Es ist sicherlich ein gesteigerter Genuss, wenn das zu verzehrende Mahl ansprechend dekoriert auf einem wohldesignten Produkt der Porzellanindustrie seinen Platz gefunden hat. Auch wenn hin und wieder eine kleine bis mittlere Portion Fleischsalat – direkt aus der Plastikschüssel gefuttert – ebenfalls nicht zu verachten ist. Ich denke, sie wissen, was ich meine.

Neben den Seh- und Geschmacksnerven wird bei der Lebensmittelaufnahme natürlich auch der Geruchssinn aktiviert. Dabei möchte ich jetzt nicht an gekochten Rosenkohl erinnern, der meiner persönlichen Meinung nach auf die Liste der zurecht geächteten biologischen Waffen gehört, sondern eher an den Duft eines im Ofen vor sich hinbrutzelnden Bratens oder auch einer leckeren Sauce, die, in angemessener Menge über vergleichsweise geruchsneutrale Pasta gegossen, ein Fest für die Nasenmuskeln darstellt. Aber nun genug vom Essen, wir sind beim eigentlichen Thema angekommen, ab sofort geht es nur noch um das Riechen.

Ich weiß nicht, ob sie schon einmal einen sogenannten Nippes-Laden betreten haben, in dem es neben lustig angemalten Tassen, erstaunlich bunten Notizblocks, Vasen in allen nur erdenklichen Varianten und Geschenkideen für total Verzweifelte auch immer eine kleine Ecke gibt, in der Duftöle, Räucherstäbchen und vor allem Duftkerzen angeboten werden. Sollten sie, lieber Leser, männlichen Geschlechts sein, ist es durchaus möglich, dass ihre Frau oder Freundin – eventuell sogar beide – sie schon einmal dorthin verschleppt haben, um ihnen die vermeintlichen Wohlgerüche der ganzen weiten Welt zu demonstrieren. Das dort in der Luft vorhandene Aroma ist schwer zu beschreiben, und da Geschmäcker bekanntlich verschieden sind, wird der eine sagen „ich mags“, der andere hingegen behauptet: „hier stinkts“. Ich selbst zähle mich eher zu den Letztgenannten, ganz im Gegenteil zu meiner geliebten Frau.

Es gibt keine Duftquelle künstlicher Art, an der sie vorbeigehen kann, ohne mir das Objekt ihrer Begierde unter die Nase zu halten und zu fragen „Und?“ Dabei ist es vollkommen egal, wie meine Antwort ausfällt, wichtig ist, ob der Duft auf der Verpackung schön und fantasievoll beschrieben ist. „Spiced Orange“, „Winter Wonderland“, „Happy Chocolate“ und „Christmas Cookie“ liegen aktuell schwer im Trend, oder besser gesagt schwer in der Luft. Denn die Kerzchen, Pülverchen oder Öle werden selbstverständlich nicht nur gekauft, sondern direkt im Anschluss, zur Übertünchung vermeintlich vorhandener schlechter Gerüche, in unserer guten Stube abgefackelt. An der Stelle sei zu berichten, dass sich noch kein von außen kommender Besucher jemals über eine Geruchsbelästigung innerhalb unserer vier Wände beschwert hat und man nur dann kurzfristig das Näschen rümpfen kann, wenn sich einer unserer vierbeinigen Mitbewohner, mit unter der rechten Vorderpfote eingeklemmter Wochenendzeitung, in Richtung Katzenklo verabschiedet. Aber auch da ist dank babypuderbeduftetem Katzenstreu das Problem binnen weniger Sekunden gelöst.

Entsprechend dieser Tatsachen entbrennt nun immer häufiger eine Diskussion, ob es notwendig ist, die Raumluft mittels künstlicher Aromen zu schwängern, die ich gerne liebevoll mit anderen Titeln belege, als der jeweilige Hersteller das tut. Besonders das oben erwähnte „Winter Wonderland“ erinnert mich stets an das, was man riecht, wenn man eine – zugegeben gut parfümierte – Restaurant-Toilette besucht. Für den Moment dort durchaus angenehm, aber eben nichts für das Wohnzimmer. Meine interne Bezeichnung lautet daher „WC-Stein light“. Aber auch die anderen in beachtlicher Vielfalt vorhandenen Varianten sind mir eher fremd, weil künstlich und penetrant. Mehrere in einen kleinen Korb drapierte echte Orangen würden meines Erachtens den gleichen Effekt erzielen, auch wenn man sie dafür nicht anzuzünden braucht. Ich vermute allerdings, dass die weibliche Logik hier rund ein Dutzend Gegenargumente bereithält.

Um abschließend die in der Überschrift vorhandene Aussage aufzulösen sei gesagt, dass meine bessere Hälfte mit gestern versprochen hat, zukünftig nur noch in meiner Abwesenheit „mit dem Geruchsfeuer zu spielen“, was ich ihr sehr hoch anrechne. Und außerdem liebe ich sie, neben vielen anderen Eigenschaften auch dafür, dass sie es schafft, die im zweiten Absatz dieses Textes erwähnten Düfte auf unvergleichliche Art herzustellen, auch wenn darunter zwei bis dreimal im Jahr Rosenkohl auftaucht. Aber das ist ein anderes Thema.

Ach ja, beinahe hätte ich vergessen zu erwähnen, dass ich in unserer Ehe quasi der „Alleinriecher“ bin, denn meine Frau hat vor vielen Jahren ihren kompletten Geruchssinn eingebüßt, wofür ich sie, allerdings ausschließlich im Bereich Duftkerzen und städtische Kläranlagen, wirklich beneide.

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